Leitsatz (amtlich)
›Der nach § 68 b StPO als Rechtsanwalt beigeordnete Zeugenbeistand hat auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4112 VV RVG nur dann zu beanspruchen, wenn er vorträgt oder aktenkundig oder gerichtsbekannt ist, dass er eine dem Verteidiger vergleichbare Tätigkeit entfaltet hat.‹
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 04.10.2006; Aktenzeichen 4KLs 203 Js 108164/04 Hw) |
Gründe
I.
Im angefochtenen Beschluss hat das Landgericht - Jugendkammer - Stuttgart die Vergütung für den gemäß § 68 b StPO bestellten Zeugenbeistand Rechtsanwalt auf dessen Erinnerung gegen den Beschluss des Urkundsbeamten des Landgerichts Stuttgart vom 22. Juni 2006 auch für die Verfahrensgebühr nach Nr. 4112 VV RVG in Höhe von 124.- EUR zuerkannt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Bezirksrevisorin des Landgerichts Stuttgart als Vertreterin der Staatskasse ist zulässig, weil die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Frage zugelassen wurde, hat in der vorliegenden Sache jedoch keinen Erfolg.
II.
Nach Abs. 1 Vorbemerkung zu Teil 4 VV RVG sind für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand die für den Verteidiger geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Unstreitig stehen Rechtsanwalt , welcher dem Zeugen für dessen Vernehmung gemäß § 68 b StPO beigeordnet war und dementsprechend bei dessen Vernehmung am 10. März 2006 vor der Jugendkammer teilgenommen hat, danach eine Grundgebühr nach VV RVG Nr. 4100 sowie eine Terminsgebühr nach VV RVG Nr. 4114 zu.
Ob ihm darüber hinaus auch die Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 4112 in Höhe von 124.- EUR zusteht, ist streitig (unterschiedlich entschieden von den Senaten des KG Berlin, www.burhoff.de; bejahend OLG Köln NStZ 2006, 410).
Nach Auffassung des Senats hat der beigeordnete Zeugenbeistand diese Gebühr dann zu beanspruchen, wenn er vorträgt oder aktenkundig oder gerichtsbekannt ist, dass er eine vergleichbare Tätigkeit entfaltet hat. Wegen des eingeschränkten Aufgabenbereichs des beigeordneten Zeugenbeistands versteht es sich nicht von selbst, dass er eine dem Verteidiger vergleichbare Tätigkeit geleistet hat. In Betracht kommt dabei zum Beispiel terminsvorbereitende Besprechungen und/oder Beratungen des Zeugenbeistands mit seinem Mandanten über Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechte, über Umfang und Bedeutung der Wahrheitspflicht des Zeugen, über die Gestaltung seiner Aussage, über eine durch die Aussage bedingte etwaige Bedrohungssituation etc.
Denn zutreffend führt die Bezirksrevisorin in ihrer Beschwerdebegründung aus, dass die gesetzliche Regelung in Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil 4 VV RVG, wonach für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand die für den Verteidiger geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, nicht bedeuten kann, dass Zeugenbeistände uneingeschränkt wie Verteidiger zu vergüten sind. Vielmehr bedeutet diese Regelung, dass der Zeugenbeistand - wie der Verteidiger - eine Vergütung nach seinen tatsächlich erbrachten Tätigkeiten im Umfang seiner Beiordnung beanspruchen kann. Häufig - aber nicht immer - wird er über die Teilnahme am Vernehmungstermin hinaus im Rahmen einer Terminsvorbereitung tätig sein müssen. In diesem Fall steht ihm auch die Verfahrensgebühr nach VV RVG 4112 zu.
Vorliegend hat der Zeugenbeistand eine die Verfahrensgebühr begründende Tätigkeit zwar nicht dargelegt. Nach dem Inhalt des angefochtenen Kammerbeschlusses ist es aber jedenfalls gerichtskundig, dass der Anwalt eine dementsprechende den Termin vorbereitende Tätigkeit entfaltet hat.
Die Verfahrensgebühr steht dem Zeugenbeistand im vorliegenden Fall also zu.
Fundstellen
Haufe-Index 2962641 |
NStZ 2007, 343 |
ZAP 2007, 648 |
Die Justiz 2007, 152 |
RENOpraxis 2007, 155 |
www.judicialis.de 2006 |