Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts wg. Vermittlung eines negativen Vaterbildes
Leitsatz (redaktionell)
1. Die elterliche Sorge ist nicht allein auf die Kindesmutter zu übertragen, wenn diese ihre negativen Erfahrungen aus der Ehe mit dem Kindesvater nicht verarbeitet und die Kinder mit diesem Konflikt belastet werden. Zudem kommt die Übertragung der elterlichen Sorge auch aufgrund des Umstandes nicht in Betracht, dass die Kindesmutter gegenüber den Kindern ein negatives Vaterbild vermittelt und über Jahre hinweg versucht hat, einen direkten Kontakt zwischen Vater und Kinder zu verhindern.
2. Ist der Kindesvater dagegen besser geeignet, die emotionalen Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und angemessen auf sie zu reagieren und steht ein besonderer Förderungsbedarf in schulischer Hinsicht einem Wechsel der Kinder zum Vater nicht entgegen, ist diesem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.
3. Dem geäußerten Wunsch der Kinder, bei der Mutter bleiben zu wollen, ist kein entscheidendes Gewicht beizumessen, wenn sich die Kinder in einem massivem Loyalitätskonflikt befinden und nicht in der Lage sind, ihre Wünsche losgelöst von diesem Konflikt zu lösen.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Sigmaringen (Beschluss vom 16.06.2009) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Sigmaringen vom 16.6.2009 - wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Die Antragsgegnerin hat den Beteiligten die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gegenstandswert: 3.000 EUR
Gründe
I. Im Streit ist die elterliche Sorge für die beiden aus der Ehe der Beteiligten zu 1 und 2 hervorgegangenen Kinder A. und T. Ihre Ehe ist seit 18.11.2008 rechtskräftig geschieden. Die Kinder lebten seit dem Auszug des Vaters aus der ehelichen Wohnung im Haushalt der Mutter zunächst in P. Im September 2009 sind sie mit der Mutter zu deren Lebensgefährten in K. gezogen.
Der Antragsteller ist wieder verheiratet und lebt in G ... Seine Frau hat drei Kinder in die Ehe mitgebracht und zwar L.(geb. 2.10.1998), D. (8.6.2009 und E. (geb. 4.6.2007). Weiter haben sie einen gemeinsamen Sohn J., der am 4.1.2009 geboren wurde.
A. und T. leiden unter auditiven Wahrnehmungsstörungen und besuchen die Sprachförderschule in W.. A. ist in regelmäßiger psychologischer Behandlung in einer Praxis in R..
Beide Elternteile haben jeweils die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich beantragt. Das Familiengericht hat dem Antragsteller die elterliche Sorge übertragen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge weiter.
Mit Beschluss vom 15.7.2009 hat der Senat die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens angeordnet und mit der Erstellung die Sachverständige Prof. Dr. S. beauftragt. Zugleich hat es die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung vorläufig ausgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss (Bl. 124/126) Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde ist auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des vom Senat eingeholten Sachverständigengutachtens unbegründet.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt im Ergebnis keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
1. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Antragsteller entspricht nach der Einschätzung des Senats dem Kindeswohl am besten, § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Nach den Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. S., denen sich der Senat anschließt, ist der Antragsteller auf Grund seiner persönlichen Voraussetzungen besser geeignet, die Kinder zu fördern und zu erziehen.
Gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Antragstellerin und die Beibehaltung des Lebensmittelpunktes der Kinder bei ihr spricht, dass es ihr nicht gelungen ist, ihre negativen Erfahrungen aus der gescheiterten Ehe mit dem Antragsteller zu verarbeiten und sie die Kinder mit diesem Konflikt belastet. Nach den Feststellungen der Sachverständigen empfindet die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber Hass und ist unfähig, zwischen Partnerschaft und Elternschaft zu trennen. In ihrem Verhalten zeigen sich histrionische Züge. Gegenüber den Kindern vermittelt sie ein negatives Vaterbild, indem sie diesen den Kindern gegenüber schlecht macht. Zugleich hat sie über Jahre hinweg den direkten Kontakt der Kinder mit dem Vater zu verhindern versucht, indem sie die begleiteten Umgangskontakte scheitern ließ und derzeit nur unter dem Eindruck des Verfahrens in begrenztem Umfang einen stundenweisen Umgang ermöglicht. Durch dieses Verhalten geraten die Kinder in einen massiven Loyalitätskonflikt, der insbesondere bei A. zu einer starken psychischen Belastung bis hin zu einer depressiven Entwicklung geführt hat. Die Antragsgegnerin ist nicht in der Lage, die negativen Auswirkungen ihres Verhaltens zu erkennen und sich...