Leitsatz (amtlich)
1. Die nach dem Nachlasswert angesetzte Gebühr einen Erbschein verstößt auch dann nicht gegen die Europäische Gesellschaftssteuer-Richtlinie, wenn der Erbschein nur für die Anmeldung des erbfolgebedingten Gesellschafterwechsels benötigt wird (Anschluss an BayObLG und OLG Köln).
2. Eine Erstreckung der Gebührenprivilegierungen des § 107 Abs. 3, 4 KostO auf einen nur für das Handelsregister benötigten Erbschein ist Sache des Gesetzgebers.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 11.03.2003; Aktenzeichen 19 T 248/02) |
AG Ludwigsburg (Aktenzeichen GR I 62/02) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerinnen gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 11.3.2003 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Kostenschuldnerinnen erstreben im Verfahren nach § 14 KostO die Herabsetzung der vom Nachlassgericht für die Erteilung eines Erbscheins in Ansatz gebrachten Gebühr von 1.452 Euro auf (ca.) 60 Euro.
1. Die Kostenschuldnerinnen haben als Erben eines Nachlasses mit einem Wert von ca. 1,8 Mio. DM (= ca. 920.000 Euro) mit notarieller Urkunde des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 15.3.2002 beim Nachlassgericht, dem Notariat Ludwigsburg 5, die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt mit der Versicherung, der beantragte Erbschein werde ausschließlich zum Nachweis der Rechtsnachfolge hinsichtlich der Kommanditanteile des zum Nachlass gehörenden Handelsgeschäfts P. GmbH & Co für die Umschreibung im Handelsregister benötigt.
Zugleich hat der den Erbscheinsantrag beurkundende Notar unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG beantragt, die Gerichtsgebühren für den Erbschein in entsprechende Anwendung des § 107 Abs. 3, 4 KostO nur nach dem Geschäftswert des Kommanditanteils i.H.v. 25.000 DM (= 12 782,30 Euro) in Ansatz zu bringen; in seiner Kostenrechnung für den Erbscheinsantrag hat er ebenfalls nur eine 10/10 Gebühr aus dem Nennwert des Gesellschaftsanteils i.H.v. 60 Euro angesetzt, mit Nebenkosten insgesamt 74,82 Euro. Dem Antrag war beigefügt eine Kopie des Beschlusses des LG Stuttgart vom 11.4.2000 (LG Stuttgart, Beschl. v. 11.4.2003 – 4 KfH T 19/99), in dem das Verlangen eines Erbscheins seitens des Registergerichts (gem. § 12 Abs. 2 HGB) für rechtmäßig beurteilt worden war; darin hatte das Gericht auf eine entsprechende Anwendung des § 107 Abs. 3, 4 KostO hingewiesen. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde der Kostenschuldnerinnen hatte der Senat (OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.3.2002 – 8 W 298/2000) durch Beschluss vom 19.3.2002 als unbegründet zurückgewiesen und dabei die Frage einer Gebührenermäßigung ausdrücklich offengelassen.
Nach Zwischenverfügung des Bezirksnotars vom 25.3.2002 unter Hinweis auf seine Rechtsansicht – auch hinsichtlich der Kosten – hat der Urkundsnotar eine entsprechende Nachtragsurkunde vom 28.3.2002 eingereicht. Daraufhin hat das Notariat als Nachlassgericht mit Beschluss vom 3.4.2002 den beantragten Erbschein mit Testamentsvollstreckervermerk erteilt und für den gleichzeitigen Kostenansatz den gesamten Nachlasswert zu Grunde gelegt. Daraus ergibt sich eine Gebühr gem. § 107 Abs. 1 KostO i.H.v. 1.452,00 Euro.
2. Gegen diesen Kostenansatz haben die Kostenschuldnerinnen beim Nachlassgericht unter dem 10.4.2002 Erinnerung eingelegt und ihren Antrag auf Ansatz eines Geschäftswerts in Höhe des Nennwerts des Kommanditanteils weiterverfolgt.
Das Notariat hat der Erinnerung der Kostenschuldnerinnen nicht abgeholfen und die Sache unter dem 11.4.2002 gem. § 142 KostO dem AG zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat durch Beschluss vom 23.5.2002 die Erinnerung zurückgewiesen; eine analoge Anwendung des § 107 Abs. 3, 4 KostO komme auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zur Gesellschaftssteuer-Richtlinie nicht in Betracht.
Dagegen haben sich die Kostenschuldnerinnen, vertreten durch den Urkundsnotar, mit der Beschwerde vom 28. 6./2.7.2002 gewandt und erneut auf die Rechtsprechung des EuGH verwiesen. Das LG Stuttgart (LG Stuttgart, Beschl. v. 11.3.2003 – 19 T 248/02) hat nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors die Beschwerde durch Beschluss vom 11.3.2003 zurückgewiesen und zugleich die weitere Beschwerde zugelassen.
3. Mit der weiteren Beschwerde vom 4.4.2003 verfolgen die Kostenschuldnerinnen ihr Anliegen auf Herabsetzung des Kostenansatzes weiter und rügen, das LG habe rechtsfehlerhaft die Analogiefähigkeit der Ausnahmebestimmungen des § 107 Abs. 3, 4 KostO verneint; außerdem habe es rechtsfehlerhaft die Tragweite der Rechtsprechung des EuGH verkannt.
Der Bezirksrevisor ist dem Rechtsmittel unter Hinweis auf die Rechtsprechung anderer OLG entgegengetreten.
II. Die vom LG nach § 14 Abs. 3 S. 2 KostO zugelassene weitere Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Überprüfung standhält.
1. Ein unmittelb...