Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenansatz für Betreuung aufgrund einstweiliger Anordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Auch für eine im Wege der einstweiligen Anordnung errichtete Betreuung erfolgt der Kostenansatz auf der Grundlage des § 92 KostO, wenn das Vermögen des Betroffenen mehr als 25.000 EUR beträgt.
2. Der Gebührenansatz verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft, weil die Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 nicht das gesamte an Wertgebühren ausgerichtete Normengefüge der Kostenordnung erfasst.
Normenkette
KostO §§ 14, 91-92
Verfahrensgang
Tenor
I. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 28.10.2004 errichtete das AG Koblenz im Wege der einstweiligen Anordnung eine vorläufige Betreuung für die Betroffene und bestellte den Beteiligten zu 1) zum vorläufigen Betreuer. Am 26.11.2004 ist die Betroffene verstorben. Sie wurde ausweislich des Erbscheins des AG Koblenz vom 28.6.2005 von dem Beteiligten zu 1) als Miterbe zu 1/2 beerbt.
Die Landesjustizkasse stellte dem Beteiligten zu 1) mit Kostenansatz vom 22.9.2005 eine Gebühr für die vorläufige Betreuung i.H.v. 490 EUR in Rechnung. Grundlage für die Berechnung war das auf 512.568 EUR festgesetzte Vermögen der Betroffenen. Die zunächst vom Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker eingelegte Erinnerung gegen den Kostenansatz hat das AG zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, dass Gebühren für das Verfahren nicht angefallen seien, weil die Betreuung im Wege der einstweiligen Anordnung errichtet worden war. Im Übrigen stehe die Kostenrechnung außer Verhältnis zum Aufwand der Maßnahme unter Berücksichtigung der Wirkungen für die Betroffene.
Das LG hat die Beschwerde mit Beschluss vom 3.1.2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Ansatz der Gebühr sei weder dem Grund noch der Höhe nach zu beanstanden. Auch die Tatsache, dass die Betreuung hier nur einen Monat gedauert habe, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da das Gesetz nicht zwischen kurzfristigen und länger andauernden Betreuungsmaßnahmen unterscheide. Die weitere Beschwerde wurde zugelassen.
Der Beteiligte zu 1) führt im Rechtsbeschwerdeverfahren aus, der Kostenansatz sei unverhältnismäßig. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse sich jeder Kostenansatz für staatliche Maßnahmen an dem insoweit erforderlichen Aufwand orientieren. Dem Beschluss vom 28.10.2004 lägen keine umfangreichen Ermittlungen oder Nachforschungen zugrunde.
II. Die weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung gem. § 14 Abs. 5 S. 1 KostO statthaft und auch ansonsten in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
In der Sache bleibt die weitere Beschwerde jedoch ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 14 Abs. 3 S. 3 KostO i.V.m. § 546 ZPO).
Zunächst hat der Rechtspfleger bei dem AG zu Recht gem. § 14 Abs. 2 KostO über die Erinnerung gegen den Kostenansatz entschieden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass der Rechtspfleger zur Entscheidung berufen ist, wenn er - wie hier gem. §§ 4 Abs. 1, 3 Nr. 2a RPflG - für die Entscheidung in der "Hauptsache" zuständig ist. Von der Entscheidung über den Kostenansatz ist derjenige, der als Kostenbeamter die Kostenrechnung erstellt hat, ausgeschlossen. Dem ist im vorliegenden Fall Genüge getan, da der Rechtspfleger den Kostenansatz nicht gefertigt hatte. Gegen den Kostenansatz war für den Beteiligten zu 1) gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 14 Abs. 3 S. 1 KostO die Beschwerde eröffnet, wenn - was hier der Fall ist - der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt.
In der Sache ist nicht zu beanstanden, dass im vorliegenden Fall der Kostenansatz auf der Grundlage des § 92 KostO erfolgt ist. Nach dieser Vorschrift werden bei Betreuungen, die nicht auf einzelne Rechtshandlungen beschränkt sind, Kosten erhoben, wenn das Vermögen des Fürsorgebedürftigen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 EUR beträgt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Vermögen der Betroffenen wurde mit Vermögensaufstellung vom 29.9.2005 auf 512.568 EUR festgesetzt.
Das Betreuungsverfahren ist auch nicht ausnahmsweise nach § 91 S. 2 KostO gebührenfrei. Nach dieser Vorschrift werden für einstweilige Anordnungen keine Gebühren erhoben. Zwar war im vorliegenden Fall die Betreuung zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet worden. Dies ändert jedoch nichts an der Rechtfertigung des Kostensansatzes. Denn § 92 Abs. 1 S. 1 KostO geht als spezialgesetzliche Regelung dem § 91 S. 2 KostO vor (LG München, Beschl. v. 13.10. 2003; Korinthenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 91 Rz. 9a, § 92 Rz. 16 f.). Dies ergibt sich bereits aus der Systematik des § 92 KostO. De...