Leitsatz (amtlich)

Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Ehescheidungsantrag ist wegen Mutwilligkeit zu versagen, wenn die Ehe der Parteien bereits durch das international zuständige Heimatgericht der Eheleute geschieden worden ist und der Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils im Inland ein nur auf Rüge zu beachtender Zustellungsmangel entgegensteht.

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Beschluss vom 20.08.2002; Aktenzeichen 21 F 1211/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Stuttgart - FamG - vom 20.8.2002 (21 F 1211/01) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe findet gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt. Die Beschwerdefrist beträgt 1 Monat. Die von der Antragstellerin am 17.9.2002 eingelegte Beschwerde gegen den ihr am 30.8.2002 zugestellten Beschluss des AG Stuttgart ist somit zulässig, insb. fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin jedoch keinen Erfolg.

Der Senat teilt die Auffassung des AG, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Mutwillig handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 114 Rz. 107). Eine Partei, deren Ehe durch das international zuständige Heimatgericht (hier: T./Bosnien und Herzegowina) geschieden worden ist, würde aus eigener Tasche keine Kosten für ein im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts (hier: Deutschland) durchzuführendes Scheidungsverfahren aufbringen, wenn der Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils im Inland ein nur auf Rüge zu beachtender Zustellungsmangel entgegensteht.

Die am 8.8.1987 in T. geschlossene Ehe der Parteien, die beide die Staatsangehörigkeit der Föderation von Bosnien und Herzegowina haben, wurde durch Urteil des Bezirksgerichts in T. v. 10.1.2002 geschieden. Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung im Inland hängt nicht von einer Anerkennung der Landesjustizverwaltung ab (Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 3 Familienrechtsänderungsgesetz). Gleichwohl sind beide Parteien, wenn zwischen ihnen Streit darüber besteht, ob die im Ausland ausgesprochene Ehescheidung auch im Inland gültig ist, nach Art. 7 § 1 Abs. 3 Familienrechtsänderungsgesetz berechtigt, einen Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung zu stellen (Krzywon, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, Das Standesamt 1989, 93 f., 95, 96), mit dem Ziel, eine für die Gerichte bindende Entscheidung herbeizuführen (Art. 7 § 1 Abs. 8 Familienrechtsänderungsgesetz). Führen die im Ausland geschiedenen Parteien keine Entscheidung der Landesjustizverwaltung herbei, haben die Gerichte, soweit es hierauf ankommt, die Frage, ob die im Ausland ausgesprochene Ehescheidung auch im Inland wirksam ist, inzident zu prüfen (Zöller/Geimer, ZPO, 22. Aufl., § 328 Rz. 245).

Mangels einer vorrangigen zwischenstaatlichen Regelung bestimmen sich die Anerkennungsvoraussetzungen nach § 328 ZPO. Nach Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift ist die Anerkennung u.a. dann ausgeschlossen, wenn dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Es steht fest, dass der vom Ehemann beim Bezirksgericht in T. in der Heimatsprache der Parteien eingereichte Scheidungsantrag der Ehefrau über das Gericht mit einem einfachen Brief per Post übersandt worden ist. Diese Vorgehensweise erfüllt nicht die Voraussetzungen, die für die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 (abgedr. bei Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., im Anhang zu § 202 Rz. 7), dem die Föderation von Bosnien und Herzegowina beigetreten ist (Baumbach/Lauterbach, Einleitung V Rz. 3) einzuhalten sind. Da hiernach eine ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes nicht vorliegt, ist eine Anerkennung der ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, jedenfalls solange sich die Antragstellerin, die Antragsgegnerin des ausländischen Scheidungsverfahrens war, auf diesen Mangel beruft. Der Umstand, dass der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes nicht in einer Übersetzung in die deutsche Sprache übermittelt worden ist, dürfte dagegen der Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils nicht entgegenstehen, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück in der Heimatsprache des Antragsgegners abgefasst ist.

Die Antragstellerin hat unstreitig das verfahrenseinleitende Schriftstück aus dem vor dem Gemeindegericht in T. durchgeführten Scheidungsverfahren rechtzeitig erhalten, ebenso wurde ihr das Scheidungsurteil übersandt. Aufgrund dieses Umstandes, und weil die Antragstellerin selbst geschieden werden möchte, ist ihre Berufung auf das formale Kriterium der mangelnden Z...

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