Leitsatz (amtlich)
Ein nach § 121 Abs. 6 AktG erheblicher Widerspruch kann lediglich bis spätestens vor Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter erhoben werden.
Normenkette
AktG § 121 Abs. 6
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 08.03.2013; Aktenzeichen 31 O 78/12 KfH) |
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 8.3.2013 - 31 O 78/12 KfH - gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls auch zur Zurücknahme der Berufung bis 24.7.2013.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 50.000 EUR.
Gründe
Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) sind erfüllt.
I. Der klagende Vorstand begehrt die Nichtigerklärung von Beschlüssen der am 16.8.2012 durchgeführten Hauptversammlung der beklagten Aktiengesellschaft. Die Beschlüsse haben die Anordnung einer Sonderprüfung zum Gegenstand. Die einschlägigen, vom Streithelfer gestellten Anträge, die mit der erforderlichen Stimmenmehrheit angenommen worden sind, woraufhin der Aktionär und Vorstand der Beklagten K gegen das bekannt gegebene Abstimmungsergebnis Widerspruch einlegte, sind nach Auffassung des klagenden Vorstands nicht rechtzeitig zur Tagesordnung bekannt gemacht worden. Es liege ein Verstoß gegen § 126 Abs. 1 AktG vor. Die Beschlüsse hätten nach § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG nicht gefasst werden dürfen. Die Anträge seien auch nicht nach § 124 Abs. 4 Satz 2 AktG bekanntmachungsfrei gewesen. Es komme nicht darauf an, ob der Verfahrensfehler für die Beschlussfassung ursächlich gewesen sei, weil das Verbot der Beschlussfassung nach § 124 Abs. 4 AktG strikt gelte.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es sei bereits zweifelhaft, könne aber dahinstehen, ob die Klage durch einen Vorstandsbeschluss, der nach § 245 Nr. 4 AktG erforderlich gewesen sei, gedeckt gewesen sei. Die Klage sei deshalb unbegründet, weil der vorgebrachte Anfechtungsgrund - das Vorliegen eines Bekanntmachungsfehlers - nicht bestehe. Insofern könne offen bleiben, ob die in Frage stehenden Anträge nach § 124 Abs. 4 Satz 2 AktG ohnehin bekanntmachungsfrei gewesen seien. Ferner müsse nicht entschieden werden, ob es andernfalls an der Relevanz eines Bekanntmachungsfehlers gefehlt hätte, etwa deshalb, weil sämtliche Aktionäre in der Hauptversammlung erschienen und sich keiner von ihnen auf die fehlende Bekanntmachung berufen hatte. Denn jedenfalls seien nach § 121 Abs. 6 AktG u.a. die Vorschriften über die Bekanntmachung und auch die Regelung in § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG über das Verbot einer Beschlussfassung bei nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung nicht anzuwenden, wenn die Hauptversammlung eine Vollversammlung aller Aktionäre war und kein Aktionär der Beschlussfassung widersprochen hat. So liege es im Streitfall. Unstreitig und durch das Hauptversammlungsprotokoll belegt hätten alle Aktionäre an der Hauptversammlung teilgenommen. Gegen eine Beschlussfassung über die in der Hauptversammlung vom Streithelfer vorgeschlagenen Anträge auf Anordnung einer Sonderprüfung habe sich auch kein Widerspruch erhoben. § 121 Abs. 6 AktG meine nicht den von Herrn K als Aktionär ausweislich des Hauptversammlungsprotokolls erhobenen Widerspruch nach der Beschlussfassung, der sich gegen das Beschlussergebnis wende und als Widerspruch i.S.v. § 245 Nr. 1 AktG zu verstehen sei. Vielmehr gehe es bei § 121 Abs. 6 AktG um einen Widerspruch gegen die Durchführung der Abstimmung über den möglicherweise nicht rechtzeitig bekannt gemachten Beschlussvorschlag. Ein solcher Widerspruch könne bis spätestens vor Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter erhoben werden, der dann nach pflichtgemäßer Prüfung der Rechtslage die Beschlussfassung zu unterbinden habe. Ausweislich des Hauptversammlungsprotokolls sei gegen die Durchführung der Abstimmung über die Beschlussvorschläge des Streithelfers jedoch kein derartiger Widerspruch erhoben worden. Vielmehr sei die Abstimmung durchgeführt worden, erst gegen das festgestellte Abstimmungsergebnis habe Herr K sodann Widerspruch erhoben. Fehle es nach allem an einem Widerspruch gegen die Beschlussfassung, seien die im Streit stehenden Beschlüsse nicht mit der - allein vorgebrachten - Begründung anfechtbar, es fehle an einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der der Vorstand seine bereits in erster Instanz gestellten Anträge weiterverfolgt, mit der Begründung, die Auffassung des LG, der hier nach § 121 Abs. 6 AktG streitentscheidende Widerspruch gegen die Beschlussfassung müsse spätestens vor Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter erhoben werden, sei rechtsirrig. Diese Auffassung des LG werde zwar - wobei die Frage obergerichtlich nicht entschieden sei - auch von Teilen der Literatur vertreten, sie sei aber gleichwohl unzutreffend. Soweit ein Aktionär gegen einen Beschlus...