Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendung von § 32 JGG im Nachtragsverfahren gemäß § 460 StPO. Hat der Tatrichter im Urteil für in verschiedenen Altersstufen begangene Taten gemäß § 32 JGG allgemeines Strafrecht angewendet, kann im Rahmen der Nachholung einer unterbliebenen Gesamtstrafenbildung im Beschlussverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO hiervon nicht abgewichen werden.
Normenkette
JGG § 32; StPO § 460; StGB §§ 55, 53-54
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Entscheidung vom 30.06.2015; Aktenzeichen 2 KLs 11 Js 15301/08 Hw.) |
Tenor
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
1.
Das Landgericht - Große Jugendkammer- Ellwangen verurteilte den Beschwerdeführer am 12. Dezember 2008 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in dreizehn Fällen, sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in fünf Fällen, unerlaubter Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und ordnete Sicherungsverwahrung an.
Dieses Urteil ist rechtskräftig seit 23. April 2009.
Taten 1 bis 6 (sexueller Missbrauch von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der Fassung vom 10. März 1987) beging der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen seinem 14. Geburtstag und dem 3. November 1998, mithin als Jugendlicher.
Tat 7 (sexueller Missbrauch von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der Fassung vom 13. November 1998) und Tat 8 (schwerer sexueller Missbrauch von Kindern gemäß §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Fassung vom 13. November 1998) beging der Beschwerdeführer im Zeitraum 2002/2003 möglicherweise noch als Heranwachsender.
Taten 9 bis 20 (schwerer sexueller Missbrauch von Kindern gemäß §§ 176 Abs.1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB, jeweils in der Fassung vom 27.12.2003), Tat 21 (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB), Taten 22 bis 26 (unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG), Tat 27 (unerlaubte Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß §§ 29a Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) sowie Taten 28 und 29 (vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) beging er als Erwachsener im Zeitraum zwischen Ende Februar/Anfang März 2008 und 8. August 2008.
Auf der Grundlage von § 32 JGG wandte das Landgericht Ellwangen Erwachsenenstrafrecht an und verhängte hinsichtlich der Taten 1 bis 6 jeweils eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, für Tat 7 eine solche von einem Jahr und für Tat 8 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten.
Für die Taten 9 bis 20 wurde jeweils eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zwei Monaten, für Tat 21 eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, für die Taten 22 bis 26 jeweils zwei Monate Freiheitsstrafe, für Tat 27 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und für die Taten 28 und 29 jeweils eine dreimonatige Freiheitsstrafe festgesetzt.
2.
Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 27. Januar 2006 - rechtskräftig seit 17. Februar 2006 - war der Beschwerdeführer wegen eines am 13. Dezember 2005 begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt worden.
In dieser Sache verbüßte der Beschwerdeführer in der Zeit vom 11. Dezember 2006 bis 20. Dezember 2006 zehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe.
Diese Verurteilung hat die Jugendkammer im Urteil festgestellt; ob die Strafe vollstreckt ist, teilen die Urteilsgründe nicht mit.
3.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 20. Mai 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Gesamtstrafe aus dem Urteil des Landgerichtes Ellwangen vom 12. Dezember 2008 aufzulösen, aus den Einzelstrafen Ziffer 1 bis 8 dieses Urteils unter Einbeziehung der Strafe aus dem oben genannten Strafbefehl eine einheitliche Jugendstrafe und aus den Einzelstrafen Ziffer 9 bis 29 eine neue Gesamtstrafe festzusetzen.
Mit Beschluss des Landgerichts Ellwangen vom 30. Juni 2015 wurde die Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 12. Dezember 2008 aufgelöst. Aus den Einzelstrafen für die Taten 1 bis 8 wurde unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 27. Januar 2006 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten und aus den Einzelstrafen für die Taten 9 bis 29 eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren acht Monaten gebildet.
Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung blieb aufrechterhalten.
Gegen den seinem Verteidiger am 8. Juli 2015 zugestellten Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit am 15. Juli 2015 beim Landgericht eingegangener sofortiger Beschwerde insoweit, als das Landgericht hinsichtlich der Taten 1 bis 8 aus dem Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 12. Dezember 2008 und der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 27. Januar 2006 keine einheitliche Jugendstrafe festgesetzt hat.
II.
Die sofortige...