Leitsatz (amtlich)

Der Gebührenstreitwert der Räumungsklage bemisst sich für gewerbliche Mietverhältnisse, bei denen neben der Kaltmiete die darauf entfallende gesetzliche Umsatzsteuer zu bezahlen ist und zudem Nebenkostenvorauszahlungen vereinbart sind, über die regelmäßig abzurechnen ist, nach der Kaltmiete zzgl. Umsatzsteuer; die Nebenkostenvorauszahlungen einschl. der darauf entfallenden Umsatzsteuer bleiben dagegen außer Betracht.

 

Normenkette

GKG § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 23 O 102/02)

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage Zahlung rückständiger Mieten i.H.v. insgesamt 3.107,88 Euro nebst Zinsen, sowie Räumung und Herausgabe der Mietsache, einer Ladeneinheit in L.

Der Mietvertrag vom 27.7.2001 enthält zur Höhe des Mietzinses in § 3 eine Regelung dahin gehend, dass die Kaltmiete 910 DM zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer beträgt und dass für im Einzelnen näher genannte Betriebs-/Mietnebenkosten eine monatliche Vorauszahlung i.H.v. 400 DM zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu leisten ist, über die einmal jährlich abzurechnen ist. Die Vorauszahlung bezieht sich sowohl auf verbrauchsabhängige Kosten (z.B. Wasserverbrauch, Heizkosten) als auch auf nicht verbrauchsabhängige Kosten (z.B. Grundsteuer).

Mit Beschluss v. 22.8.2002 setzte das LG den Streitwert auf 8.691,12 Euro fest. Der Bewertung des Räumungs- und Herausgabeantrags liegt die Kaltmiete ohne Umsatzsteuer zugrunde; angesetzt wurden 12 × 910 DM, also 5.583,24 Euro.

Mit der am 18.9.2002 bei Gericht eingegangenen Streitwertbeschwerde der Klägerin wird geltend gemacht, sowohl die Nebenkostenvorauszahlungen als auch die Umsatzsteuer seien bei der Streitwertbemessung für den Räumungs- und Herausgabeantrag zu berücksichtigen, weshalb der Streitwert auf insgesamt 12.431,52 Euro festzusetzen sei. Hilfsweise sei jedenfalls die Umsatzsteuer auf die Kaltmiete zu berücksichtigen, so dass der Streitwert auf 9.585,58 Euro festzusetzen sei.

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nur hinsichtlich der auf die Kaltmiete entfallende Umsatzsteuer, nicht jedoch hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungen einschl. Umsatzsteuer erfolgreich.

Der Gebührenstreitwert der Räumungsklage bemisst sich jedenfalls für gewerbliche Mietverhältnisse, bei denen neben der Kaltmiete die darauf entfallende gesetzliche Umsatzsteuer zu bezahlen ist und zudem Nebenkostenvorauszahlungen vereinbart sind, über die regelmäßig abzurechnen ist, nach der Kaltmiete zzgl. Umsatzsteuer; die Nebenkostenvorauszahlungen einschl. der darauf entfallenden Umsatzsteuer bleiben dagegen außer Betracht.

Vorliegend sind daher monatlich 910,00 DM zzgl. 16 % Umsatzsteuer anzusetzen, also 539,72 Euro. Insgesamt ergibt sich für Klagantrag Ziff. 1 gem. § 16 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 12 × 539,72 Euro = 6.476,64 Euro. Hinzu kommt Klagantrag Ziff. 2 mit 3.107,88 Euro, was zu einem Gesamtstreitwert von 9.584,52 Euro führt.

Die auf die Kaltmiete zu entrichtende Umsatzsteuer ist ein Teil des vereinbarten Entgelts. Zwar ist zutreffend, dass sie an das Finanzamt abzuführen ist, jedoch spricht dies nicht dagegen, sie bei der Bemessung des Streitwerts zu berücksichtigen. Auch ein zwischen Unternehmer und Verbraucher vereinbarter Kaufpreis enthält abzuführende Umsatzsteuer. Bei der Kaufpreisklage bemisst sich der Streitwert jedoch zweifellos nach dem Kaufpreis einschl. Umsatzsteuer. Bei gewerblichen Mietverhältnissen entspricht es der einhelligen Meinung in der Rechtsprechung der OLG, dass die Umsatzsteuer bei der Streitwertbemessung nach § 16 Abs. 2 GKG zu berücksichtigen ist (OLG Bamberg, Beschl. v. 8.12.1999 – 8 UF 301/99, OLGReport Bamberg 2000, 165; OLG Dresden v. 19.8.1997 – 15 W 1041/97, ZMR 1997, 527; OLG Düsseldorf JurBüro 1998, 647; OLG Hamm OLGReport Hamm 1995, 167; v. 21.12.1999 – 7 W 31/99, OLGReport Hamm 2001, 38; v. 26.7.2001 – 18 W 38/01, MDR 2001, 1377; KG v. 6.3.2000 – 8 W 256/00, KGReport 2000, 187 = NJW-RR 2001, 443; OLG Köln v. 9.2.1996 – 19 W 1/96, MDR 1996, 859 = OLGReport Köln 1996, 101). Der Senat hat in einem Beschl. v. 14.8.2000 – 5 W 45/00 im gleichen Sinne entschieden.

Bei der Berücksichtigung von Nebenkosten werden nahezu alle denkbaren Meinungen vertreten.

Auf der Basis einer Entscheidung des BGH v. 14.7.1955, BGHZ 18, 168 wird differenziert nach verbrauchsabhängigen und nicht verbrauchsabhängigen Kosten. Letztere seien zu berücksichtigen, erstere nicht. Das OLG Dresden folgt dieser Ansicht (OLG Dresden v. 19.8.1997 – 15 W 1041/97, ZMR 1997, 527; AGS 1998, 153, zitiert nach juris).

Diese Differenzierung ist in der Praxis schwer durchführbar. In der Regel weist der Mietvertrag – wie auch im vorliegenden Fall – die Nebenkostenvorauszahlungen lediglich als Summe aus und enthält keine Aufteilung auf die einzelnen Kostenarten. Die Streitwertfestsetzung würde also die Vorlage einer Nebenkostenabrechnung erfordern. Daher wird diese Meinung jedenfalls für Geschäftsräume überwiegend als nicht praktikabel abgelehnt.

Ein Teil der OLG bemisst den Streitwert nach der Miete e...

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