Leitsatz (amtlich)
Nach neuem Firmenrecht begründet die Aufnahme der Ortsangabe „Stuttgart” in eine Firma in der Regel nicht schon deshalb eine „ersichtliche Eignung zur Irreführung”, weil Sitz des Unternehmens eine politisch selbständige Nachbargemeinde in der Region Stuttgart ist.
Normenkette
HGB § 18 Abs. 2 nF
Gründe
I.
Die 1998 gegründete Antragstellerin ist im Handelsregister unter der Firma„KONTEC Engineering GmbH” eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die „Erbringung von Ingenieur-Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion im Bereich der Fahrzeugtechnik, des Maschinenbaus, der Gebäudetechnik sowie der Elektrotechnik und der Elektronik”. Die Gesellschafter der Antragstellerin haben beschlossen, die Firma in„KONTEC Engineering Stuttgart GmbH” zu ändern.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Eintragung der geänderten Firma zurückgewiesen; weil Sitz der Gesellschaft nicht Stuttgart, sondern die Gemeinde Korntal-Münchingen im Landkreis und Handelsregisterbezirk Ludwigsburg ist, sei die Firma zur Täuschung i. S. von § 18 Abs. 2 HGB nF geeignet. Auf Beschwerde hat das Landgericht die Auffassung des Registergerichts zur Irreführungseignung bestätigt. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
Die an sich statthafte und auch ansonsten zulässige weitere Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und der Entscheidung des Rechtspflegers des Registergerichts, da der Beschluss des Landgerichts – ebenso wie der im 1. Rechtszug ergangene Beschluss – auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 I FGG, 550 ZPO). Nach Inkrafttreten desHandelsrechtsreformgesetzes (HRefG) vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, S. 1474), das eine grundlegende Umgestaltung des Firmenrechts gebracht hat, vermag der Senat einen Verstoß der angemeldeten Firmenänderung gegen das Irreführungsverbot (§ 18 II HGB nF) nicht festzustellen.
1. Rechtlich überholt ist zunächst die Erwägung des Landgerichts, die Ortsangabe in einer Firma stelle immer auch einenHinweis auf den Bezirk des Registergerichts dar. Dieses Argument hat zwar früher in der Rechtsprechung – darunter auch in der vom Landgericht zitierten Senatsentscheidung vom 29. 6. 1973 (OLGZ 1973, 410 = BB Beil. 12/1975 S. 10 m. Anm. Wessel) – durchaus eine Rolle gespielt. Das HRefG hat jedoch das Handelsregisterwesen in örtlicher Hinsicht reorganisiert, was dieser Begründung den Boden entzieht: Art 20 Nr. 1 a HRefG ändert § 125 I FGG dahin ab, dass das Amtsgericht am Sitz des Landgerichts das Handelsregister für den ganzen Landgerichtsbezirk zu führen hat; lediglich aus organisatorischen Gründen ist das Inkrafttreten dieser Konzentrationsbestimmung durch Art. 29 III HRefG um 3½ Jahre auf Anfang 2002 verschoben. In etwa 1 Jahr wird also der Handelsregisterbezirk Ludwigsburg im vergrößerten Handelsregisterbezirk Stuttgart aufgehen und dann weist die beanstandete Ortsangabe „Stuttgart” auf das richtige Handelsregister hin. Im Hinblick auf die Langzeitwirkung der beantragten Firmenänderung ist es rechtlich geboten, diese gesetzlich bereits festgelegte Konzentration der Handelsregister schon jetzt zu berücksichtigen.
Im übrigen kommt der Erwägung, die 1969 für die Kapitalgesellschaften eingeführte Verpflichtung zur Angabe des einschlägigen Handelregisters auf Geschäftsbriefen (§§ 35 a GbmHG, 80 AktG) habe das Firmenrecht von der Aufgabe entlastet, über die Ortsangabe in der Firma auf das Handelregister hinzuweisen, durch die Ausdehnung dieser Geschäftsbrief-Publizität auf alle Kaufleute (§ 37 a HGB nF) verstärktes Gewicht zu.
2. Auch soweit sich die Vorinstanzen unter Berufung auf die frühere obergerichtliche Rechtsprechung auf den Rechtsstandpunkt gestellt haben, eineEignung zur Irreführung sei grundsätzlich zu bejahen, wenn dieOrtsangabe in der Firma nicht mit demSitz des Unternehmens übereinstimme, ist dies so allgemein mit der vom Handelsrechtsreformgesetz verfolgten Zielsetzung nicht vereinbar.
a) Ein zentrales Anliegen des Handelsrechtsreformgesetzes ist die weitgehendeLiberalisierung des bisherigen veralteten und verkrustetenFirmenrechts, das mit seinen stark einschränkenden und strengen Anforderungen in den letzten Jahren zunehmend auf Kritik gestoßen war und nach Auffassung des Gesetzgebers den Bedingungen und Notwendigkeiten des modernen Wirtschaftslebens nicht mehr gerecht wurde und zudem deutsche Unternehmen im europäischen Wettbewerb benachteiligte (BT-Drucks. 13/8444. S. 1, 35; vgl. Wolff, DZWiR 1997, 397; Bokelmann GmbHR 1998, 57; Karsten Schmidt NJW 1998, 2161, 2167). Dem Interesse der Unternehmen an einer größeren Wahlfreiheit und Flexibilität bei der Firmenbildung sollte mehr Raum gegeben werden.
Die früher der „Firma” als Name des Kaufmanns (§ 171 HGB) zugedachte Aufgabe, den Rechtsverkehr über Organisation, Zusammensetzung oder Gegenstand des Unternehmens möglichst zutreffend zu informieren (vgl. §§ 18 I, 19 I, II HGB aF), ist auf den nun für alle K...