Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG müssen bezüglich der Mitteilung des verfahrenseinleitenden Dokuments die Kriterien "Rechtzeitigkeit" und "Ordnungsmäßigkeit" kumulativ erfüllt sein, damit kein Anerkennungshindernis besteht.
2. Ist für die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke in das Ausland das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965 (HZÜ) anzuwenden, liegt keine ordnungsgemäße Zustellung vor, wenn ein ausländisches Gericht eine Zustellung an einen in Deutschland lebenden Beteiligten per Post vornimmt, da die Bundesrepublik Deutschland gegen diesen in Art. 10 HZÜ vorgesehenen Weg Widerspruch eingelegt hat.
3. Ein Beteiligter, dem das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsmäßig zugestellt worden ist und der sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, kann sich auf ein Anerkennungshindernis gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG berufen, selbst wenn er später von der ergangenen Entscheidung Kenntnis erhalten und dagegen keinen nach der Verfahrensordnung des Urteilsstaats zulässigen Rechtsbehelf eingelegt hat.
Normenkette
FamFG § 107 Abs. 1, § 109 Abs. 1 Nr. 2; HZÜ Art. 5, 10
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners auf Aufhebung der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Stuttgart (als Verwaltungsbehörde) vom 17.12.2015, Az. 3465 E - 14/20/15 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten tragen die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.1. Die Beteiligten, die beide die kroatische Staatsangehörigkeit besitzen, haben am 28.05.2004 in Stuttgart die Ehe geschlossen. Durch Urteil des Gemeindegerichts in Karlovac/Kroatien vom 16.01.2013, Az..., wurde die Ehe der Beteiligten geschieden.
Zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags durch den Antragsgegner bei dem Gemeindegericht in Karlovac lebten beide Eheleute in Deutschland noch unter der Adresse... in...
2. Die Antragstellerin hat bei dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Stuttgart als Justizverwaltungsbehörde beantragt, festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils des Gemeindegerichts in Karlovac vom 16.01.2013 nicht vorliegen und dass die durch das Gemeindegericht in Karlovac ausgesprochene Scheidung nicht anzuerkennen sei.
Die Antragstellerin begründete ihren Antrag damit, sie habe von dem in Kroatien durchgeführten Scheidungsverfahren keine Kenntnis gehabt, insbesondere sei ihr auch der Scheidungsantrag nicht zugestellt worden. Es liege damit ein Anerkennungshindernis vor.
Der Antragsgegner ist dem Antrag der Antragstellerin entgegengetreten. Er geht davon aus, dass die Nichtigkeit oder Nichtbeachtlichkeit eines von einem zuständigen kroatischen Gericht erlassenen Urteils weder angenommen noch festgestellt werden könne. Der Antragsgeger weist darauf hin, dass seitens des Gemeindegerichts in Karlovac versucht worden sei, den Scheidungsantrag an die Antragstellerin unter der Adresse "...,..." zuzustellen, wo beide Eheleute zum damaligen Zeitpunkt lebten. Die Antragstellerin habe aber - was er mitbekommen habe - die Annahme der per Post zugestellten Briefe des kroatischen Gerichts verweigert, weshalb sie sich auf einen fehlenden Zugang nicht berufen könne. Auch habe der Antragsgegner der Antragstellerin im April 2013 eine Ausfertigung des Scheidungsurteils in der Wohnung in der... in... übergeben. Die Antragstellerin hätte, spätestens als sie Kenntnis von dem kroatischen Scheidungsurteil erlangt hatte, gegen dieses Urteil vor den kroatischen Gerichten Rechtsmittel einlegen müssen.
3. Mit Beschluss vom 17.12.2015, Az. 3465 E - 14/20/15, hat der Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart als Justizverwaltungsbehörde festgestellt:
1. Dem Antrag der Antragstellerin auf Nichtanerkennung der am 16.01.2013 durch das Gemeindegericht Karlovac in Kroatien ausgesprochenen Ehescheidung wird stattgegeben.
2. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils des Gemeindegerichts in Karlovac/Kroatien vom 16.01.2013, rechtskräftig seit 19.02.2013, Az. 12 P - 593/12-12, liegen nicht vor, soweit hierdurch die am 28.05.2004 in Stuttgart/Bundesrepublik Deutschland geschlossene Ehe der oben Genannten geschieden werden sollte.
Der Präsident des Oberlandesgerichts ging davon aus, dass ein Anerkennungshindernis gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vorliege, da eine Mitteilung des das Scheidungsverfahren vor dem Gemeindegericht in Karlovac einleitenden Scheidungsantrags an die Antragstellerin nicht festgestellt werden könne, nachdem eine solche nicht hinreichend sicher nachgewiesen sei.
4. Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 22.12.2015 zugestellten Beschluss des Präsidenten des Oberlandesgerichts mit am 20.01.2016 beim Oberlandesgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Innerhalb nachgelassener Frist hat er wie folgt beantragt:
Unter Aufhebung d...