Leitsatz (amtlich)
Ein Schiedsspruch, der auf eine lediglich vorläufige Tatsachengrundlage gestützt ist und die abschließende Feststellung den staatlichen Gerichten für das Vollstreckbarerklärungsverfahren oder die Vollstreckungsgegenklage zuweist, verstößt gegen den verfahrensrechtlichen ordre public.
Tenor
I. Der Antrag des Antragstellers, den von Einzelschiedsrichter Rechtsanwalt Prof. Dr. G. W. am 18.11.2005 in S. erlassenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, wird unter Aufhebung des Schiedsspruch abgelehnt.
I. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
II. Der Streitwert wird festgesetzt auf 467.115,56 EUR.
Gründe
A. Die Parteien streiten darüber, ob der im Tenor genannte, von Rechtsanwalt Prof. Dr. G. W. als Einzelschiedsrichter am 18.11.2005 in S. erlassene Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären oder ob der Vollstreckbarerklärungsantrag unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen ist.
Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 2.10.1998 (Anl. AG 1) erwarb die A. GmbH (Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin) die Gesellschaftsanteile des Antragstellers und der übrigen drei Mitgesellschafter an der B. GmbH mit Sitz in ... (Ort). Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um ein Unternehmen, das Dienstleistungen im EDV-Bereich anbietet. Es war mit 98,5 % an den Tochterunternehmen B. S. GmbH, ... (Ort), B. AG, ... (Ort)/Schweiz, und B. S.A.R.L., ... (Ort), beteiligt. Die weitere Tochtergesellschaft B. S.A.R.L., ... (Ort), an der die B. GmbH in gleicher Höhe beteiligt war, wurde im Jahr 2003 gegründet. Der Antragsteller war Inhaber von 60 % der Gesellschaftsanteile der B. GmbH. Auf die weiteren Gesellschafter M., R. und S. entfielen 25 %, 10 % bzw. 5 % der Anteile.
In § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags vom 2.10.1998 ist geregelt, dass die A. GmbH einen Basiskaufpreis von 6.000.000 DM schuldet. Dieser erhöht sich um 3.000.000 DM, wenn bis 31.12.1998 der in Anlage 2 des Vertrags vertraglich näher definierte Earn Out Profit After Tax (im Folgenden EOP) 1,8 Mio. DM und das konsolidierte Eigenkapital nach Abzug des EOP 2,2 Mio. DM beträgt. Nach § 2 Abs. 2b wurden für die Geschäftsjahre 1999 bis 2003 weitere Kaufpreisanpassungen vereinbart, deren Höhe sich nach den Veränderungen des EOP des laufenden Jahres gegenüber demjenigen des Vorjahres richten sollte. Der anteilige Anspruch der Verkäufer auf diese weiteren Kaufpreisanpassungen setzt zumindest teilweise ihre tatsächliche Beschäftigung als Manager der Gesellschaft voraus. Von den beiden Methoden zur Berechnung der Anpassung, einer festen und einer variablen Kaufpreisanpassung, sollte die jeweils höhere maßgebend sein. Der Earn Out Profit ergibt sich nach Anlage 2 zum Kaufvertrag
"zunächst aus dem konsolidierten jährlichen Gewinn der B.-Gruppe nach Steuern [inklusive Steuerverlustvorträge, Steuergutschriften, jedoch abzgl. von Steuergutschriften für Forschung und Entwicklung und (Weiter-)Bildung und abzgl. von Steuergutschriften, die sich aufgrund von Vorgängen ergeben, die außerhalb des ordentlichen Laufes der Geschäftstätigkeit der jeweiligen Gesellschaft liegen] wie dieser aus dem Konzernabschluss der B.-Gesellschaften (B. GmbH, B. AG und B. SARL) resultiert, wobei der Konzernabschluss auf der Grundlage der Jahresabschlüsse der einzelnen Gesellschaften der B.-Gruppe erstellt wird. Die Jahresabschlüsse werden auf der Basis der von den jeweiligen Gesellschaften in der Vergangenheit benutzten und gesetzeskonformen Buchführungsgrundsätze erstellt."
Ferner enthält die Anlage 2 Regelungen, nach denen der EOP um bestimmte Nettoauswirkungen zu berichtigen ist.
§ 2 Abs. 3 des Kaufvertrags regelt die Fälligkeit und Zahlungsweise des Basiskaufpreises und der Kaufpreisanpassungen wie folgt:
"Die Zahlung des Basiskaufpreises erfolgt heute an die vier Verkäufer im Verhältnis ihrer verkauften Geschäftsanteile zum Stammkapital von 1.000.000 DM (in Worten: Deutsche Mark Eine Million).Gleiches gilt für alle Kaufpreisanpassungen.
Die Zahlung der ersten Kaufpreisanpassung und jeder weiteren Kaufpreisanpassung ist jeweils fällig einen Monat nach (1) Übergabe der jeweils geprüften und testierten Konzernabschlüsse der B. GmbH, (2) Übergabe der Berechnungen des EPO [richtig: EOP] und (3) der daraus folgenden Berechnung der jeweiligen Kaufpreisanpassungen an A. GmbH.
Unter geprüften Konzernabschlüssen werden solche Jahresabschlüsse verstanden, die gemäß den im jeweiligen Land gültigen Buchführungsnormen der vollständigen Prüfung eines selbständigen Wirtschaftsprüfers unterworfen wurden und von ihm mit entsprechendem Bestätigungsvermerk testiert wurden. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die für die Erstellung der Konzernabschlüsse zugrunde liegenden Jahresabschlüsse der B. GmbH und B. AG nach den gleichen Buchführungs- und Bewertungsmethoden aufgestellt und nach den gleichen Prüfungsmethoden geprüft werden, welche die Gesellschaften zum Jahresabschluss per 30.9.1997 (B. GmbH) bzw. 31.12.1997 (B. AG) angewendet haben und sow...