Leitsatz (amtlich)
Die 10-jährige Verjährungsfrist gem. § 852 S. 2 BGB für den Anspruch des Erwerbers eines vom sog. Dieselskandal betroffenen Neuahrzeugs aus § 852 S. 1 BGB beginnt mit Abschluss des Kaufvertrags und nicht mit der Bezahlung des Kaufpreises oder dem Eingang des Kaufpreises bei der Herstellerin.
Normenkette
BGB §§ 826, 852 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Tübingen (Urteil vom 10.08.2021; Aktenzeichen 5 O 82/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 10.8.2021, Az. 5 O 82/21, wird durch einstimmigen Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das angefochtene Urteil des Landgerichts Tübingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Berufungsstreitwert: 23.742,07 EUR
Gründe
I. Der Kläger schloss am 8.2.2011 einen Kaufvertrag über den Erwerb eines VW Tiguan als Neufahrzeug mit einem Händler ab. Dieses Fahrzeug ist mit einem Motor EA 189 EU 5 ausgestattet, der über eine unzulässige Prüfstanderkennung verfügte. Der Kläger erhielt das streitgegenständliche Fahrzeug im Juli 2011 und ließ es am 20.7.2011 zu.
Am 15.3.2021 ging die Klage auf Schadensersatz vom 12.3.2021 beim Landgericht Tübingen ein, am 9.4.2021 wurde sie zugestellt. Der Kläger macht als Schadensersatz den Kaufpreis nebst Zinsen abzüglich einer angemessenen Nutzungsentschädigung als Schadensersatz geltend.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes 1. Instanz einschließlich der Antragstellung 1. Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht Tübingen hat die Klage abgewiesen, da sowohl der Anspruch aus § 826 BGB als auch der Anspruch aus § 852 S. 1 BGB verjährt seien.
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Auffassung des Landgerichts, dass auch der Anspruch aus § 852 S. 1 BGB verjährt sei. Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 852 BGB zu. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei der Anspruch aus § 852 BGB nicht mit dem Abschluss des Kaufvertrags am 8.2.2011 entstanden, sondern erst mit der Erlangung des Kaufpreises durch die Beklagte. Der Anspruch aus § 852 BGB sei davon abhängig, dass der Schädiger etwas erlangt habe, und könne deshalb vor diesem Zeitpunkt nicht entstehen. Soweit sich der Gesetzesgeber in der Gesetzesbegründung dahingehend geäußert habe, dass der Geschädigte nach Verjährung des deliktischen Schadensersatzanspruchs noch weitere 7 Jahre den Anspruch aus § 852 BGB geltend machen könne, könne daraus nicht gefolgert werden, dass dieser Anspruch in der vorliegenden Konstellation 10 Jahre nach Abschluss des Kaufvertrags verjähre. Aus der Formulierung des § 852 S. 2 BGB ergebe sich eindeutig, dass es auf die Entstehung des Anspruchs aus § 852 S. 1 BGB und nicht auf die Entstehung des deliktischen Ersatzanspruchs ankomme. Der Gesetzgeber habe den Fall eines Diebstahls vor Augen gehabt, bei dem die Entstehung des deliktischen Anspruchs und der Eintritt der Bereicherung beim Schädiger zusammenfalle. Dies sei im Fall des § 826 BGB anders zu beurteilen. Der Kläger habe den Kaufpreis erst nach Abschluss des Kaufvertrags bezahlt. Da die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der Verjährung habe, habe sie darzulegen, wann sie den Kaufpreis erhalten habe.
Der Kläger beantragt:
1. Unter Abänderung des am 10.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Tübingen, Aktenzeichen 5 O 82/21, wird die Berufungsbeklagte verurteilt, an die Klägerschaft 41.637,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.04.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Tiguan mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer [...] gegen Zahlung einer angemessenen Nutzungsentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht mehr als 17.894,93 EUR, zu zahlen.
2. Unter Abänderung des am 10.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Tübingen, Aktenzeichen 5 O 82/21, wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des VW Tiguan mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer [...] seit spätestens 28.04.2020 in Annahmeverzug befindet.
3. Unter Abänderung des am 10.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Tübingen, Aktenzeichen 5 O 82/21, wird die Berufungsbeklagte verurteilt, an die Klägerschaft vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.899,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat auf die Berufung bisher nicht erwidert.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes 2. Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 10.8.2021, Az. 5 O 82/21, hat offensichtlich keine Aussicht auf Er...