Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle einer Stufenklage wird durch ein Teilurteil über die Begründetheit des Auskunftsanspruchs konkludent der beschrittene Rechtsweg für die gesamte Klage bejaht. Die Bindungswirkung dieser Entscheidung erfasst auch den noch anhängigen Leistungsanspruch.
2. Legen beide Parteien Beschwerde gegen die Erklärung der Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, ist für den Fall des Erfolgs beider Beschwerden die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorzubehalten.
Normenkette
ZPO § 250; GVG § 17a
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 08.06.2009; Aktenzeichen 15 O 375/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin und die Anschlussbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 8.6.2009 - 15 O 375/07 - aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Der Zivilrechtsweg wird für zulässig erklärt.
2. Das Verfahren wird an das LG Stuttgart zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - zurückverwiesen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.400 EUR festgesetzt.
Gründe
A.1. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der O. die u.a. auf dem Gebiet der Vermittlung von Arbeitnehmern tätig war. Beklagt ist die B.
Die Insolvenzschuldnerin schloss mit der Beklagten am 23.01. bzw. 2.2.2004 einen Vertrag zur Beauftragung Dritter mit der Vermittlung nach § 37 SGB III (in der damals geltenden Fassung). Gegenstand des Vertrages war die Unterstützung der Beklagten bei ihren Vermittlungstätigkeiten durch Durchführung von Maßnahmen. Konkret wurde der Leistungsgegenstand in § 15 des Vertrages wie folgt umschrieben:
"(1) Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Vermittlung der von ihm in der Größenordnung des als Anlage beigefügten Los- und Preisblattes zugewiesenen Bewerber der angeführten Zielgruppen in betriebliche Ausbildungsverhältnisse und/oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im ersten Arbeitsmarkt.
(2) Die Beauftragung des Dritten umfasst alle Tätigkeiten, die zum Erfolg i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB III führen. Art und Umfang richten sich nach den individuellen Erfordernissen. Wie der Ermittlungserfolg herbeigeführt wird, bleibt dem Auftragnehmer überlassen. Die vom Auftragnehmer zu erreichende Eingliederungserwartung ist dem beigefügten Losblatt zu entnehmen."
Als Vergütung war eine Aufwandspauschale sowie ein Erfolgshonorar vereinbart. Vertragsbestandteile waren nach § 2 des Vertrages in der genannten Reihenfolge die Bedingungen des Vertrages und dessen Anlagen, die Leistungsbeschreibung zur Ausschreibung, das Angebot der Insolvenzschuldnerin vom 20.11.2003 auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung, die VOL/B in der jeweils aktuellen Fassung sowie im Übrigen die Bestimmungen des BGB.
Die Insolvenzschuldnerin war nach § 6 des Vertrages zur Einhaltung der bei der Vermittlungstätigkeit relevanten gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet. Im Einzelnen wurde hierzu im Vertrag u.a. Folgendes geregelt:
"(1) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die bei seiner Vermittlungstätigkeit relevanten gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Richten sich dabei gesetzliche Bestimmungen an den Auftraggeber, so gelten sie auch für den Auftragnehmer entsprechend. Dies gilt insbesondere für die §§ 35 Abs. 2 Satz 2 und 36 SGB III. Der Auftragnehmer darf für seine Tätigkeit weder vom Arbeitgeber noch vom zugewiesenen Bewerber eine Vergütung erheben."
(2) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Vorschriften zum Sozialdatenschutz, einzuhalten ..."
Der Kläger hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm darüber Auskunft zu erteilen, ob hinsichtlich der im Einzelnen genannten zugewiesenen Bewerber die Voraussetzungen für das Erfolgshonorar gegeben sind. Darüber hinaus wird beantragt, dem Kläger einen sich aus der erteilten Auskunft ergebenden Betrag Zug um Zug gegen Rechnungslegung zu zahlen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
2. Das LG hat mit Teilurteil vom 15.8.2008 die Auskunftsklage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin wurde durch Urteil des Senats vom 7.4.2009 zurückgewiesen und der Rechtsstreit zur Entscheidung über den noch anhängigen Leistungsanspruch an das LG zurückverwiesen. Die Entscheidung des Senats ist rechtskräftig.
Nach erfolgter Zurückverweisung hat das LG darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges bestünden. Beide Parteien haben daraufhin erklärt, dass aus ihrer Sicht der ordentliche Rechtsweg gegeben sei. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele. Der zwischen ihnen geschlossene Vertrag sei privatrechtlicher Natur. Es liege kein Über- und Unterordnungsverhältnis vor. Unerheblich sei, dass hierdurch eine öffentliche Aufgabe erfüllt werde. Es handele sich um ein Beschaffungsgeschäft. Auch mit Blick auf die vorangegangene Ausschreibung sei daher zwingend von einem privatrech...