Entscheidungsstichwort (Thema)
Zumutbarkeit der Fahrradfahrt zur Arbeitsstätte; Umgangskosten
Normenkette
BGB a.F. § 1603 Abs. 2 S. 1; BGB § 1612b Abs. 5
Verfahrensgang
AG Ulm (Beschluss vom 25.09.2007; Aktenzeichen 4 F 813/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Ulm vom 25.9.2007 - 4 F 813/07 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung bzw. die mit der Widerklage beabsichtigte Rechtsverfolgung des Beklagten bieten keine hinreichende Erfolgsaussicht, so dass Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann, § 114 ZPO. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Der Kläger bezieht, wie im angefochtenen Beschluss im Einzelnen dargestellt, ein monatliches Nettoeinkommen von 1 327 EUR. Damit kann er unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts von 890 EUR bzw. ab dem 1.7.2007 von 900 EUR, Unterhaltszahlungen in Höhe des Regelbetrags nach der Regelbetragsverordnung leisten, also i.H.v. 247 EUR seit dem 1.3.2007 und i.H.v. 245 EUR seit dem 1.7.2007. Die vom Beklagten geltend gemachten monatlichen Belastungen sind lediglich in einem Maße berücksichtigungsfähig, das seine Leistungsfähigkeit unberührt lässt.
1. Aufwendungen für Fahrten zur Arbeitsstelle i.H.v. 178 EUR pro Monat sind im Verhältnis zum Kläger nicht anzuerkennen.
Wie der beigezogenen Akte des AG Ulm in der Sache 4 F 655/06 zu entnehmen ist, arbeitet der Kläger von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr und von 17:00 Uhr bis 22:00 Uhr in einer Gaststätte in Heiligkreuztal. Dieser Ort liegt 8 km von seinem Wohnort entfernt. Er errechnete daher als monatliche Belastung 32 km x 0,30 EUR x 220 Tage: 12 Monate = 176 EUR.
Der Beklagte ist aber nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um den angemessenen Unterhalt seines minderjährigen Kindes sicherzustellen. Die Anforderungen hinsichtlich dessen, was Eltern zuzumuten ist, sind dabei um so höher, je dringender der Unterhaltsbedarf ist. Im vorliegenden Fall, in dem der Kläger lediglich den Mindestbetrag nach der Regelbetragsverordnung verlangt, der noch nicht einmal sein Existenzminimum deckt, sind damit besonders hohe Anforderungen an den Beklagten zu stellen.
Dies führt zum einen dazu, dass es unterhaltsrechtlich nicht akzeptiert werden kann, dass der Beklagte, um die dreistündige Mittagspause zu Hause verbringen zu können, Fahrtkosten i.H.v. monatlich 88 EUR verursacht.
Zum anderen und darüber hinaus ist der Beklagte ohnehin grundsätzlich auf öffentliche Verkehrsmittel zu verweisen, um die Fahrkosten zu minimieren. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist allerdings anzunehmen, dass in der ländlichen Gegend, in der er wohnt, ein hinreichendes Nahverkehrsnetz nicht existiert. In diesem Fall ist es dem noch verhältnismäßig jungen Beklagen aber zumutbar, die Wegstrecke zur Arbeit mit dem Fahrrad zurückzulegen. Selbst wenn man ihm zubilligt, bei besonders schlechter Witterung ausnahmsweise den Pkw zu nutzen, sind dann nur noch Kosten in einer Höhe zu erwarten, die durch den pauschalen Abzug berufsbedingter Aufwendungen i.H.v. 5 % gedeckt sind.
Damit ergibt sich ein bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers von 1.327 EUR abzgl. 5 %, also 1.261 EUR. Unter Berücksichtigung der Steuererstattung von 150 EUR ergibt sich ein Nettoeinkommen von 1.273 EUR. Hinzu kommen mutmaßlich noch Einkommen aus der Trinkgeldkasse der Gaststätte, in der er als Koch arbeitet.
2. Die vom Beklagten geltend gemachten Fahrtkosten zur Ausübung seines Umgangsrechts sind nicht in voller Höhe abzugsfähig.
Allerdings können die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind dann zu einer maßvollen Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld gem. § 1612b Abs. 5 BGB ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbsthalt hinaus verbleiben (BGH FamRZ 2005, 706).
Die vom Beklagten angesetzten Kosten sind jedoch nicht angemessen. Er verlangt die Berücksichtigung der Kosten für vierzehntäglich zwei Pkw-Fahrten zwischen seinem Wohnort Ertingen und Blaubeuren. Zwischen dem nur wenige Kilometer von Ertingen entfernt liegenden Riedlingen und Blaubeuren gibt es jedoch eine direkte Eisenbahnverbindung, die der Beklagte nutzen könnte. Hierfür würden ihm am Wochenende unter Einsatz des Baden-Württemberg-Tickets Fahrtkosten von 27 EUR zzgl. der Kosten mit dem Pkw von Ertingen nach Riedlingen entstehen, insgesamt also ca. 30 EUR, was einen monatsdurchschnittlichen Fahrtaufwand von 65 EUR ergibt.
Reduziert man das oben unter 1. errechnete Nettoeinkommen von 1.273 EUR um diesen Betrag, so verbleibt die Summe von 1.208 EUR.
3. Schließlich kann auch die monatliche Rückzahlungsrate für das Anschaffungsdarlehen, wenn überhaupt, so jedenfalls nicht in voller Höhe berücksichtigt werden.
Unterstellt, die Rückzahlungs...