Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 16.08.1996; Aktenzeichen 2 KfH O 629/96)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen Ziff. 2 des Beschlusses des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ravensburg vom 16.08.1996 wird

zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Wert des Beschwerdeverfahrens:

50.000,00 DM

 

Tatbestand

1.

Die Klägerin verfolgt aufgrund abgetretenen Rechts gegen den Beklagten, der von 1990 bis 1995 in einem Arbeitsverhältnis zu der Firma … B. GmbH & Co.KG, … stand, Auskunfts-, Herausgabe- und Unterlassungsansprüche einschl. eines Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht, weil der Beklagte während seines Arbeitsverhältnisses mit der Firma B. dem Geschäfts- und Betriebsgeheimnis des Unternehmens unterliegende Unterlagen über ein sog. Containment-System zur Abfüllung und Verwiegung pulverförmiger Substanzen bei unterschiedlichen Druckverhältnissen unerlaubt an sich genommen oder aus dem Betrieb entfernt und dadurch verwertet haben soll, daß er diese Unterlagen seinem neuen Arbeitgeber zu Konkurrenzzwecken zur Verfügung gestellt haben soll. Die Klage ist auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 242 StGB, auf § 823 Abs. 1 BGB, auf § 17 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 19 UWG sowie auf § 18 i.V.m. § 19 UWG gestützt. Die gleichzeitig gegen den neuen Arbeitgeber, die Firma … W. GmbH & Co.KG, …, erhobene Klage ist vom Landgericht Ravensburg mit Ziff. 1 des Beschlusses vom 16.08.1996 abgetrennt worden.

Der Beklagte M. hat die Unzuständigkeit des Landgerichts Ravensburg hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Klage gerügt, weil es sich um einen arbeitsrechtlichen Streit handle. Nach Anhörung der Klägerin hat das Landgericht Ravensburg sich mit Ziff. 2 des Beschlusses vom 16.08.1996 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Ulm, Kammern Ravensburg, verwiesen.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde rügt die Klägerin die Verweisung vorliegenden Rechtsstreits. Sie verweist darauf, daß das OLG Frankfurt in einer – ihrer Meinung nach – vergleichbaren Sache die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts bejaht habe (Urteil vom 15.08.1991, 6 U 233/90).

 

Entscheidungsgründe

2.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zwar gem. §§ 17 a Abs. 4 S. 2 GVG i.V.m. 577

Abs. 2 ZPO zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

a) Der vorliegende Rechtsstreit betrifft eine Sache, für deren Entscheidung die Arbeitsgerichte gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, c und d ArbGG ausschließlich zuständig sind. Soweit Gegenstand der Klage die Herausgabe von Unterlagen der Firma B. ist, betrifft dies nachwirkende Verpflichtungen des Beklagten aus seinem früheren Arbeitsvertrag mit diesem Unternehmen (vgl. zum Pflichtenkreis eines Handlungsgehilfen: Heymann/Honsell, HGB, § 59 Rdnr. 65 ff., 76). Auch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch und der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung beruhen auf der behaupteten Verletzung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen des Beklagten (Verwertung zu Unrecht mitgenommener Unterlagen). Die geltend gemachten Auskunftsansprüche hängen wiederum mit dem Herausgabeanspruch und dem Schadensersatz-Feststellungsanspruch zusammen.

Soweit die Klägerin ihre Auffassung, das angerufene Landgericht sei zur Entscheidung der Sache zuständig, auf das vorgelegte Urteil des OLG Frankfurt vom 15.08.1991 stützt, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil jener Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrundelag. Während hier alle geltend gemachten Ansprüche unmittelbar mit der Verletzung fortwirkender Verpflichtungen aus dem früheren Arbeitsverhältnis zusammenhängen, war für die Entscheidung des OLG Frankfurt maßgeblich, daß die dortigen Beklagten erst Jahre nach dem Ausscheiden aus ihrem Arbeitsverhältnis auf noch bei ihrem früheren Arbeitgeber tätige Mitarbeiter Einfluß genommen und sie zum Geheimnisverrat angestiftet haben sollen. Nur deshalb hat das OLG Frankfurt keine zeitliche und sachliche Verknüpfung mit dem früheren Arbeitsvertrag der Beklagten sehen können und die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts verneint. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für alle aus einem Arbeitsverhältnis resultierenden oder im Zusammenhang mit einem solchen stehenden Ansprüche, unbeschadet ihrer Anspruchsgrundlage, wird auch von der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur bejaht (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., § 27 UWG Rdnr. 3; GroßKomm/Köhler, UWG, § 27 Rdnr. 1–3 mit Verweisen auf die Rspr.; Köhler/Piper, UWG, vor § 13 Rdnr. 190; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdnr. 255; für die einschränkende Auffassung von Asendorf (GRUR 1990, 229, 234) geben die gesetzlichen Zuständigkeitsvorschriften keinen Anhalt). Auch § 17 Abs. 2 S. 1 GVG steht dem nicht entgegen. Erst das Gericht des zulässigen Rechtswegs entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Da dies nach den o.g. Ausführungen das Arbeitsgericht ist, hat dies bei seiner Entscheidung auch wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen mit zu prüfen.

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