Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 29.12.2004; Aktenzeichen 25 O 156/2004)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Stuttgart v. 29.12.2004 - Az.: 25 O 156/04 - wird als unstatthaft verworfen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 15.000 Euro

 

Gründe

I. Das LG Stuttgart hat mit Urteil des Einzelrichters v. 19.11.2004 den Beklagten zur Zahlung von 150.000 Euro zzgl. Zinsen verurteilt (Bl. 125/128). Am 10.12.2004 wurde das Urteil dem Beklagten (Bl. 130) zugestellt und am 14.12.2004 ging der Tatbestandsberichtigungsantrag beim LG Stuttgart ein (Bl. 131). Nachdem der Klägerin eine Mehrfertigung zugeleitet wurde, lehnte der Einzelrichter mit Beschluss v. 29.12.2004 (Bl. 135) eine Berichtigung ab. Zum 31.12.2004 ist der Einzelrichter in Ruhestand getreten. Der sofortigen Beschwerde des Beklagten v. 10.1.2005 hat das LG mit Hinweis auf den zwischenzeitlichen Ruhestand des erkennenden Richters nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist unstatthaft. Nach § 320 Abs. 4 S. 4 ZPO findet die Anfechtung eines Beschlusses, der über einen Tatbestandsberichtigungsantrag entschieden hat, grundsätzlich nicht statt (Musielak in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 320 Rz. 11). Denn allein die Richter, die bei dem Urteil mitgewirkt haben, können über eine Berichtigung befinden. Ein anderes Gericht, insb. ein Rechtsmittelgericht, kann diese Entscheidung nicht treffen (Musielak, Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 320 Rz. 10). Die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Ausnahmen, insb. die fehlende sachliche Entscheidung (RGZ 47, 397; hinsichtlich der Einzelheiten offen lassend BGH v. 9.12.1987 - IVa ZR 155/86, MDR 1988, 389 = CR 1988, 559 = NJW-RR 1988, 407), treffen vorliegend nicht zu, werden auch von dem Beklagten nicht geltend gemacht.

Das LG hat über den Tatbestandsberichtigungsantrag nicht mündlich verhandelt. Dies stellt keinen Vefahrensfehler dar: § 320 Abs. 3 ZPO i.d.F. des Justizmodernisierungsgesetzes v. 24.8.2004 verlangt eine mündliche Verhandlung nur noch dann, wenn eine Partei dies beantragt. Der Beklagte hat in seinem Tatbestandsberichtigungsantrag eine mündliche Verhandlung nicht beantragt; die Klägerin, der der Tatbestandsberichtigungsantrag zugeleitet wurde, hat einen solchen Antrag ebenfalls nicht gestellt. Damit liegen die Ausnahmetatbestände für eine zulässige sofortige Beschwerde nicht vor.

Selbst wenn eine Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegeben wäre, käme nur eine Zurückverweisung nach § 572 Abs. 3 ZPO in Betracht, da dem Senat die erforderliche persönliche Kenntnis fehlt. Ob die Versetzung in den Ruhestand als Verhinderung i.S.v. § 320 ZPO anzusehen ist (ablehnend Hirte, JR 1985, 138; Zöller/Vollkommer, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl., § 320 Rz. 12; bejahend Reichold in Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 320 Rz. 4, § 315 Rz. 1), kann der Senat wegen fehlender Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde offen lassen.

Der Senat weist darauf hin, dass durch die Bezugnahme auf die Schriftsätze in erster Instanz im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ein entsprechender Vortrag nicht nach § 531 ZPO ausgeschlossen wäre, da dieser Vortrag nicht neu wäre. Im Übrigen ist jeder Partei mit § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO die Möglichkeit eröffnet, Verfahrensfehler geltend zu machen und so die Bindungswirkung an die Feststellungen des Ersturteils nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO anzugreifen (Zöller/Vollkommer, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl., § 320 Rz. 3).

III. Mangels Statthaftigkeit ist die sofortige Beschwerde zu verwerfen, die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Voraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben, weshalb die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1328947

Die Justiz 2005, 393

NJOZ 2005, 1907

OLGR-Süd 2005, 485

www.judicialis.de 2005

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