Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Nachträgliche Anordnung einer einmaligen Zahlung der Prozesskosten wegen wesentlicher Verbesserung der finanziellen Verhältnisse. Privilegierung des späteren Erwerbs eines Familienwohnheims
Leitsatz (redaktionell)
Ein nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit neu erlangten Mitteln erfolgter Kauf eines eigen genutzten Hauses ist nicht gemäß § 120 Abs. 4 ZPO i.V.m. §§ 115 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII privilegiert.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Nürtingen (Beschluss vom 25.01.2007; Aktenzeichen 18 F 352/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des AG - FamG - Nürtingen vom 25.1.2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin hat die aufgrund der Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Beschwerdeverfahren anfallende gerichtliche Festgebühr zu tragen. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsgegnerin wurde im zugrunde liegenden Scheidungsverfahren aufgrund ihrer damaligen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Beschluss des AG vom 26.4.2006 ratenfrei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten bewilligt. Dabei wurde ausdrücklich die Prüfung der Bedürftigkeit der Antragsgegnerin vorbehalten, da der Antragsgegnerin eventuell ein Zugewinnausgleichsanspruch oder ein sonstiger Ausgleichsanspruch zustehe.
Mit rechtskräftigem Urteil des AG vom 19.10.2006 wurde die Ehe der Parteien geschieden.
Im Rahmen der mit Schreiben der Rechtspflegerin des AG vom 23.11.2006 eingeleiteten Überprüfung einer möglichen Verbesserung der persönlichen und wirtschaftliche Verhältnisse der Antragsgegnerin hat diese erklärt, dass sie aufgrund der zwischenzeitlichen Aufgabe ihres Miteigentumsanteils an der früheren gemeinsamen Ehewohnung eine Zahlung ihres früheren Ehemannes i.H.v. 56.087,99 EUR erhalten habe. Diesen Betrag habe sie für den Kauf eines anderen, von ihr nunmehr eigengenutzten Hauses mitverwendet. Ihr früherer Ehemann habe die Teilungsversteigerung der früheren Wohnung beantragt. Da sie in der Zeit von November 2005 bis März 2006 keine geeignete Mietwohnung für sich und ihre drei Kinder habe finden können, habe sie eine andere Immobilie zur Eigennutzung erwerben müssen. Der weitergehende Kaufpreis stamme aus einem Darlehen ihres Vaters und aus einem neu aufgenommenen Bankdarlehen. Ein Restbetrag von 4.000 EUR werde benötigt, um den laufenden Familienunterhalt bis zur Regelung des nachehelichen Unterhalts bestreiten zu können.
Die Rechtspflegerin hat hierauf mit Beschluss vom 25.1.2007 gem. § 120 Abs. 4 ZPO angeordnet, dass die Antragsgegnerin die auf sie entfallenden Prozesskosten einschließlich Wahlanwaltskosten i.H.v. 4.781,11 EUR in einem einmaligen Betrag an die Landeskasse zu zahlen hat. Zur Begründung wird ausgeführt, der aus dem Verkauf der früheren Ehewohnung stammende Erlös sei als wesentliche Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin gem. § 120 Abs. 4 ZPO zu behandeln. Der Erwerb einer neuen eigengenutzten Immobilie aus dem Erlös ihrer früheren eigengenutzten Immobilie habe keinen Vorrang vor der Verpflichtung zur Begleichung von Prozesskostenhilfe. Die Antragsgegnerin hätte aus dem erzielten Erlös vorrangig einen Betrag in Höhe der auf sie entfallenden Prozesskosten zurückbehalten müssen und lediglich den Resterlös zum Erwerb einer neuen Immobilie verwenden dürfen.
Die Antragsgegnerin hat gegen den Beschluss der Rechtspflegerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13.2.2007 sofortige Beschwerde eingelegt, die am selben Tag bei Gericht einging. Sie hat geltend gemacht, sie sei nicht gehalten gewesen, den aus der Vermögensauseinandersetzung mit ihrem Ehemann erhaltenen Betrag vorrangig zur Bestreitung von Prozesskosten einzusetzen. Die Privilegierung eines aus solchen Mitteln finanzierten Erwerbs einer neuen eigengenutzten Immobilie sei obergerichtlich auch für den Fall anerkannt worden, dass der Erwerb erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt sei.
Mit weiterem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 14.2.2007 hat die Antragsgegnerin ihr Vorbringen zum Erwerb ihres jetzt eigengenutzten Hauses ergänzt. Danach betrug der Kaufpreis für das Haus mit 140 qm und zwei Wohnungen mit insgesamt sieben Zimmern 238.000 EUR. Die Finanzierung erfolgte durch den Einsatz der o.a. Ausgleichszahlungen, eines Privatdarlehens des Vaters der Antragsgegnerin von 55.000 EUR und eines Bankkredits i.H.v. 142.000 EUR. Die dadurch entstandene Zins- und Tilgungslast i.H.v. monatlich insgesamt 863 EUR, die die Antragsgegnerin aus ihrem laufenden Einkommen aufzubringen habe, lägen nicht höher als die Kosten einer angemessenen Mietwohnung. Das Einkommen der Antragsgegnerin belaufe sich derzeit auf nachehelichen Unterhalt von monatlich 211 EUR und 3 × 275,50 EUR für ihre Kinder, Ein...