Leitsatz

Im Ehescheidungsverfahren war der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Dabei wurde ausdrücklich die Prüfung der Bedürftigkeit vorbehalten, da abzusehen war, dass ihr eventuell ein Zugewinnausgleichsanspruch oder ein sonstiger Ausgleichsanspruch zustehen würde.

Mit rechtskräftigem Urteil des AG vom 19.10.2006 wurde die Ehe der Parteien geschieden.

Im Rahmen der mit Schreiben der Rechtspflegerin des AG vom 23.11.2006 eingeleiteten Überprüfung einer möglichen Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin hat diese erklärt, dass sie aufgrund der zwischenzeitlichen Aufgabe ihres Miteigentumsanteils an der früheren gemeinsamen Ehewohnung eine Zahlung ihres früheren Ehemannes i.H.v. 56.087,99 EUR erhalten habe. Diesen Betrag habe sie für den Kauf eines anderen, von ihr nunmehr eigen genutzten Hauses mit verwendet.

Die Rechtspflegerin hat daraufhin angeordnet, dass die Antragsgegnerin die auf sie entfallenden Prozesskosten einschließlich Wahlanwaltskosten i.H.v. 4.781,11 EUR in einem einmaligen Betrag an die Landeskasse zu zahlen habe. Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel wurde ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Es hatte in der Sache keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Rechtspflegerin habe die Einmalzahlung der auf die Antragsgegnerin entfallenden Prozesskosten aus ihrem Vermögen zu Recht angeordnet, weil die von ihr für die Aufgabe ihres Anteils an der früheren Ehewohnung erlangte Zahlung zu einer wesentlichen Verbesserung ihrer Vermögenslage geführt habe, die die angeordnete Zahlung rechtfertige.

Entscheidend sei letztendlich die Beantwortung der Frage, ob der erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgte Erwerb eines neuen eigen genutzten Hauses durch die Antragsgegnerin gemäß §§ 115 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII privilegiert gewesen sei.

Das OLG hielt an der bislang von ihm vertretenen Auffassung fest, wonach ein erst späterer Erwerb eines eigen genutzten Hauses nicht gemäß § 120 Abs. 4 ZPO i.V.m. §§ 115 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII privilegiert sei.

Privilegiert sei lediglich ein zu Beginn eines Verfahrens bereits genutztes Eigenheim als Mittelpunkt der bisherigen Lebensbeziehungen. Mittel zum Erwerb eines solchen Eigenheims seien dagegen nicht generell privilegiert, sondern nur dann, wenn sie zur Deckung des Wohnbedarfs behinderter oder pflegebedürftiger - somit besonders zu fördernder - Personen bestimmt und erforderlich seien. In dieser gesetzlichen Regelung sah das OLG auch keine unzulässige Ungleichbehandlung von Ehegatten durch den Gesetzgeber nach der Scheidung. Dem Gesetzgeber stehe im Rahmen der Gewährung von Sozialhilfe - darunter falle auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe - ein weiter Ermessensspielraum zu, welche Personenkreise bzw. welche Fallgestaltungen er besonders fördern wolle.

Im vorliegenden Fall sei die Antragsgegnerin im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erster Instanz ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, dass eine Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe im Falle der Erlangung von Mitteln aus einem Vermögensausgleich in Betracht komme. Die Einmalzahlung der auf die Antragsgegnerin entfallenden Prozesskosten durch die Rechtspflegerin sei zu Recht erfolgt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.03.2007, 8 WF 23/07

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