Leitsatz (amtlich)
Wird eine zur Fristwahrung eingelegte Beschwerde nicht innerhalb angemessener Frist, die durch eine vom Gericht gesetzte Frist konkretisiert wird, begründet, ist die Anordnung der Erstattung der durch den nach Ablauf der Begründungsfrist eingereichten Schriftsatz des Beschwerdegegners entstehenden außergerichtlichen Kosten nach Beschwerderücknahme angemessen.
Normenkette
WEG § 47 S. 2
Verfahrensgang
LG Tübingen (Beschluss vom 10.12.2004; Aktenzeichen 5 T 211/04) |
AG Tübingen (Beschluss vom 20.07.2004; Aktenzeichen 9 GR 26/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Tübingen vom 10.12.2004 wird folgt abgeändert:
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außer gerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1) tragen die Beschwerdeführer als Gesamtschuldner. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
2. Die Beteiligten zu 3) und 4) tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Wert der weiteren Beschwerde: bis 900 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 3) und 4) hatten gegen den Beschluss des AG Tübingen vom 20.7.2004 sowohl über ihren alten Verfahrenbevollmächtigten mit einer vorläufigen Begründung als auch durch ihren neuen Verfahrensbevollmächtigten ohne Begründung jeweils nur zur Fristwahrung sofortige Beschwerde einlegen lassen. Auf den Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 26.9.2004 bat das Beschwerdegericht um Mitteilung, ob die Beschwerde durchgeführt wird und ggf. um eine abschließende Begründung bis zum 15.10.2004. Am 20.10.2004 ging bei Gericht der Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 19.10.2004 mit der Erklärung der Rücknahme der sofortigen Beschwerde ein. Mit Beschl. v. 10.12.2002 erlegte das Beschwerdegericht den Beschwerdeführern die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auf und bestimmte, dass außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet werden. Das LG hat hierzu ausgeführt, von einer Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten sei hier ausnahmsweise abzusehen, weil die Einlegung der sofortigen Beschwerde durch beide Verfahrensbevollmächtigte jeweils nur zur Fristwahrung erfolgt sei.
Dagegen wendet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) mit dem Begehren, den Antragsgegnern auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
Die Antragsgegner sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten.
II.1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insb. frist- und formgerecht eingelegt.
Gegen die isolierte Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts findet in Wohnungseigentumssachen die sofortige weitere Beschwerde statt, wenn gegen die Entscheidung in der Hauptsache die sofortige weitere Beschwerde zulässig wäre und der Wert des Beschwerdegegenstands 100 EUR übersteigt (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 2 und Abs. 4, 27, 20a Abs. 2 FGG). Das ist hier der Fall.
2. Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet.
Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das LG gem. § 47 WEG nach billigem Ermessen über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts nach § 47 S. 2 WEG nur noch eingeschränkt, nämlich auf Rechtsfehler zu überprüfen. Die Kostenentscheidung kann deshalb nur abgeändert werden, wenn der Tatrichter die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten, insb. wenn er wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 56).
Das LG hat hier einen wesentlichen Gesichtspunkt außer Acht gelassen, der das Absehen von einer Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 1) als ermessensfehlerhaft erscheinen lässt.
Das LG geht zu Recht von dem auch in Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz aus, dass es nach der Rücknahme eines Rechtsmittels grundsätzlich der Billigkeit entspricht, den Beschwerdeführern die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (DJ 1983, 123; BayObLG ZMR 2000, 396; WE 1997, 75; zum Streitstand Weitnauer, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 7; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 47 ff.). Zu Recht ist das LG auch davon ausgegangen, dass von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen sein kann, wenn ein Rechtsmittel lediglich zur Fristwahrung eingelegt wurde (BayObLG ZMR 2000, 396; NZM 2000, 1025; BayObLGReport 1996, 26; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 51). Das Beschwerdegericht hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass diese Begünstigung eines Rechtsmittelführers nur dann gerechtfertigt ist und gewährt wird, wenn das Rechtsmittel innerhalb der gesetzten Begründungsfrist oder, wenn eine solche Frist fehlt, innerhalb eines angemessenen Zeitrau...