Leitsatz (amtlich)

1. Zur Schätzung des Verkehrswertes des Aktieneigentums in Spruchverfahren (Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 05. Juni 2013, 20 W 6/10, vom 24. Juli 2013, 20 W 2/12, vom 15. Oktober 2013, 20 W 3/13, vom 05. November 2013, 20 W 4/12, vom 17. Juli 2014, 20 W 3/12).

2. Die Erbengemeinschaft ist nicht beteiligtenfähig im Sinne von § 17 Abs. 1 SpruchG, § 8 Abs. 2 FamFG. Antragsteller im Spruchverfahren sind dementsprechend die Erben (Anschluss an OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.September 2017, 12 W 1/17, entgegen LG München I, Beschluss vom 30.Juni 2017, 5 HK O 13182/15).

 

Normenkette

AktG § 17 Abs. 1, § 305; FamFG § 8 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 05.11.2012; Aktenzeichen 31 O 173/09 KfH)

 

Tenor

1. Die Beschwerden der Antragsteller 6 bis 8 und 96 gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 05. November 2012, Az. 31 O 173/09 KfH AktG, werden zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

A. Gegenstand des vorliegenden Spruchverfahrens ist die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung wegen des Ausscheidens der Minderheitsaktionäre aus der X AG mit Sitz in L. in Folge der Übertragung ihrer Aktien an die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin (sog. Squeeze-Out; § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG).

I. 1. Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre der inzwischen umgewandelten und umbenannten X AG.

Bei der X AG handelte es sich um einen weltweit tätigen Automobilzulieferer. Die AG war die Führungsgesellschaft des X Konzerns. Unternehmensgegenstand waren die Herstellung und der Vertrieb sowie der Handel mit Glüh- und Zündkerzen sowie mit anderen elektrischen, elektronischen, mechanischen und sonstigen Komponenten aller Art, ferner die Einrichtung von Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen, die Beteiligung an Unternehmen sowie der Erwerb und das Halten des erforderlichen Anlagevermögens. Die Tätigkeitsfelder der X AG umfassten die Entwicklung und Produktion in den Bereichen Dieselkaltstarttechnologie und Zündungstechnik sowie den Vertrieb von Diesel-, Zündungs- und Elektronikkomponenten im Erstausrüster- und Handelsgeschäft.

Antragsgegnerin ist die Y G. GmbH mit Sitz in K., die mittlerweile auf die Y E. GmbH verschmolzen wurde. Die Verschmelzung wurde am 01.09.2016 in das Handelsregister eingetragen.

2. Am 17.03.2008 schlossen die Antragsgegnerin als herrschendes Unternehmen und die X AG als beherrschtes Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, dem die ordentliche Hauptversammlung der X AG am 21.05.2008 zustimmte und der am 04.06.2008 ins Handelsregister eingetragen wurde. Dieser sah für die außenstehenden Aktionäre einen jährlichen Ausgleich von 4,73 Euro je Stückaktie vor Unternehmenssteuer (entspricht 4,23 Euro nach Unternehmenssteuer) und eine Barabfindung von 71,32 Euro vor. Diesbezügliche Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung wies das Landgericht Stuttgart durch Beschluss vom 05.11.2012 - 31 O 55/08 KfH AktG zurück. Zugleich setzte es den angemessenen Ausgleich auf 4,72 Euro nach Unternehmenssteuer fest. Die hiergegen eingelegten Beschwerden hat der Senat durch Beschluss vom heutigen Tage zurückgewiesen (OLG Stuttgart, 20 W 1/13).

Mit Schreiben vom 07.01.2009, welches die X AG durch Ad-hoc-Mitteilung vom selben Tag bekannt gab, verlangte die Antragsgegnerin die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre.

Im Auftrag der Antragsgegnerin erstellte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft xxx (im Folgenden: Bewertungsgutachter) unter dem 25.03.2009 eine Unternehmensbewertung zum 20.05.2009 (Anlage AG 2, im Folgenden: Bewertungsgutachten, BG).

Der Bewertungsgutachter ermittelte die angemessene Abfindung auf der Grundlage des nach Umsätzen gewichteten Dreimonatsdurchschnittskurses der X-Aktie zum 06.01.2009. Mit 73,39 Euro je Aktie lag dieser sowohl über dem nach dem Ertragswertverfahren unter Abstraktion von dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestimmten anteiligen Unternehmenswert von 55,02 Euro je Aktie als auch über dem Barwert der Ausgleichszahlungen aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag von 65,63 Euro je Aktie. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf das Bewertungsgutachten.

Die durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 16.01.2009 - 31 O 7/09 KfH AktG zum sachverständigen Prüfer nach § 327c Abs. 2 AktG bestellte yyy Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstattete unter dem 27.03.2009 einen Bericht über die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung (Anlage AG 3; im Folgenden: Prüfbericht, PB). Darin bestätigte sie die Angemessenheit der vom Bewertungsgutachter ermittelten Abfindung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Prüfbericht Bezug genommen.

Mit Beschluss der Hauptversammlung der X AG vom 20.05.2009 wurden die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsg...

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