Leitsatz (amtlich)
Rückführung eines fast vierjährigen Kindes nach Australien nach widerrechtlicher Zurückhaltung durch die Mutter in Deutschland.
Normenkette
KiEntf/EuSorgeRÜbkG Art. 3, 12-13
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Beschluss vom 04.05.2011; Aktenzeichen 24 F 2111/10) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Stuttgart vom 4.5.2011 (24 F 2111/10) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegnerin die Kosten der Rückführung nicht auferlegt werden.
2. Der Antragsgegnerin wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung der Herausgabe des Kindes ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass ein Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
3. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des AG - Familiengericht - Stuttgart vom 4.5.2011 - 24 F 2111/10 - wird angeordnet.
4. Für die Kosten in 1. Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des AG. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Beschwerdewert: 7.000 EUR
Gründe
A) Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Der Antragsteller, australischer Staatsangehöriger, ist von Beruf Gynäkologe und betreibt neben seiner Tätigkeit als Professor an der Universität ... dort eine eigene Praxis. Die Antragsgegnerin ist Designerin und hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach ihrer Heirat am ... 2005 in E. haben die Eheleute gemeinsam in Australien gelebt. Am 28.6.2007 wurde dort der gemeinsame Sohn M. geboren. M. ist sowohl deutscher als auch australischer Staatsangehöriger. Nach der Geburt des Kindes hat sich die Mutter vorrangig um die Pflege und Erziehung von M. gekümmert.
Am 11.2.2010 reiste die Antragsgegnerin mit M. im Einverständnis des Antragstellers zu ihrer Familie nach Deutschland. Zuvor hatte sie das Kind vom Kindergarten abgemeldet. Die Ehe befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer schweren Krise. Allerdings wusste der Antragsgegner nicht, dass seine Ehefrau die Heiratsurkunde nach Deutschland mitgenommen hatte. Der Rückflug für Mutter und Kind war für den 8.4.2010 vorgesehen. Nach den bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin wurde der Rückflug nur aus versicherungstechnischen Gründen gebucht. Anfang April 2010 flog der Antragsteller nach Deutschland, da die Antragsgegnerin ihm ihre Zweifel am Fortbestand der Ehe und ihre Rückkehr nach Australien mitgeteilt hatte. In einem Gespräch am 5.4.2010 einigten sich die Eltern, dass die Mutter mit M. noch in Deutschland verbleibt. Ob die Umbuchung des für den (wohl nunmehr) 10.4.2010 vorgesehenen Rückfluges der Antragsgegnerin und des Kindes auf den 25.7.2010 nur als "Platzhalter" erfolgte, ist streitig. Am 9.4.2010 meldeten die Eltern das Kind im Kindergarten an. Am 21.4.2010 erfolgte die melderechtliche Anmeldung bei der Stadt E. (Bl. 308). Im Juni 2010 reiste der Antragsteller wegen des Geburtstages von M. erneut nach Deutschland; wegen eines Krankenhausaufenthaltes der Antragsgegnerin verlängerte er seinen Aufenthalt und kehrte erst am 9.7.2010 nach Australien zurück. In einem Telefongespräch am 23.7.2010 erklärte der Antragsteller, dass er auf die - von der Antragsgegnerin abgelehnte - Rückkehr am 25.7.2010 bestehe. Am 26.7.2010 buchte die Antragsgegnerin - nach ihren Angaben wegen des von dem Antragsteller ausgeübten Drucks - einen Flug für den 4.8.2010, den sie aber wiederum nicht antrat.
Am 17.8.2010 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Rückführung nach dem HKiEntÜ, nachdem er der Antragsgegnerin in einem Gespräch am 7.8.2010 entsprechende Schritte angekündigt hatte. In seiner eidesstattlichen Versicherung vom 17.8.2010 erklärte er u.a. für die Rückführung des Kindes finanziell aufkommen zu wollen.
Über den am 19.10.2010 beim AG Stuttgart eingegangenen Antrag schlossen die Parteien in der Verhandlung vom 19.11.2010 eine Vereinbarung. Danach sollte die Antragsgegnerin mit dem Kind zwar bis 31.1.2011 zunächst nach Australien zurückkehren; die Eltern verpflichteten sich aber, beim zuständigen Gericht eine Sorgeerklärung zugunsten der Antragsgegnerin abzugeben. Weiterhin bestand Einverständnis, dass die Mutter mit dem Kind wieder nach Deutschland zurückkehren dürfe. In der Folgezeit weigerte sich der Antragsteller, den von der Antragsgegnerin vorbereiteten "Application for Consent Orders" (Bl. 157 d.A.) zu unterzeichnen. Vielmehr ließ er über seine Anwälte mitteilen, dass es bei der gemeinsamen Sorge verbleiben solle. Die Antragsgegnerin, die bereits sämtliche Reisevorbereitungen (Flugbuchung, Reiseversicherung, Beurlaubung ihres Vaters als Begleitperson - vgl. Bl. 387 ff. d.A.) getroffen hatte, kehrte hierauf nicht nach Australien zurück. Mit "order" vom 22.2.2011 wurde dem Vater einstweilen die elterliche Sorge übertragen, das Kind sollte aber in der Obhut der Mutter bleiben.
Nachdem die Umsetzung der Vereinbarung vom 19.11.2010 gescheitert war, setzte das AG das Verfahren fort und ordnete mit Beschluss vom 4.5.2011 die Rückführung von M. nach Australien ...