Leitsatz (amtlich)
Der Elternteil, dem die elterliche Sorge in vollem Umfang entzogen wurde, ist, wenn er diesen Ausspruch mit seinem Rechtsmittel ausdrücklich nicht angreift, gegen die in derselben Entscheidung erfolgte Auswahl des Vormunds nicht beschwerdebefugt i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG.
Normenkette
FamFG § 59 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Beschluss vom 26.10.2023; Aktenzeichen 22 F 199/23) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten M. S. P. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart vom 26.10.2023 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte M. S. P..
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte M. S. P. ist die - alleinsorgeberechtigt gewesene - Mutter der minderjährigen Kinder L. R. P., geb. ...2019, und P. I. P., geb. ...2022. Die Kinder wurden nach einer Meldung des Kinderarztes über die Vorlage gefälschter Arztbriefe durch die Mutter in Obhut genommen, ihre Fremdunterbringung dauert fort. Im vorliegenden Verfahren hat das Amtsgericht ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt, das von Prof. Dr. ..., ..., erstellt wurde, die Kinder in Anwesenheit des Verfahrensbeistands persönlich angehört und die Angelegenheit mit den Beteiligten und dem Sachverständigen, der hierbei sein schriftliches Gutachten erläutert hat, in einem Termin erörtert, an dem auch die als Zeugin geladene Großmutter der Kinder, Frau R. P., anwesend war. Der Sachverständige hat in seinen schriftlichen und mündlichen Ausführungen die Gefährdung der Kinder dargestellt, ausgeführt, das ambulante Hilfen zur Abwehr der Gefährdung nicht ausreichen und eine Fremdunterbringung empfohlen. Er hat sich gegen eine Betreuung der Kinder durch die Großmutter ausgesprochen.
Das Amtsgericht hat sodann mit Beschluss vom 26.10.2023 entschieden:
1. Der alleinsorgeberechtigten Mutter M. S. P. wird die elterliche Sorge für die Kinder L. R. P., geboren am ..2019 und P. I. P., geboren am ..2022 entzogen.
2. Vormundschaft wird angeordnet. Zum Vormund wird bestimmt: Jugendamt S., Abteilung Vormundschaften/Pflegschaften, ...
3. Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Auf den Beschluss vom 26.10.2023 wird verwiesen, auch in Bezug auf die in den Gründen des Beschlusses enthaltene Darstellung des weiteren Sachverhalts. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Kindesmutter mit ihrer Beschwerde vom 30.11.2023. In der Beschwerdebegründungsschrift vom 22.01.2024 hat sie beantragt:
1. Der Beschluss des AG Stuttgart, AZ: 22 F 199/23 vom 26.10.2023 Ziffer 2 wird aufgehoben, soweit darin zum Vormund das Jugendamt S., Abteilung Vormundschaft/Pflegschaft, ... bestimmt wird.
2. Zum Vormund für das Kind L. R. P., geboren am ...2019 wird bestimmt, Frau R. P., geb. ...1969, wohnhaft ...
3. Zum Vormund für das Kind P. I. P., geboren am ...2022 wird bestimmt Frau R. P., geb. am ...1969, wohnhaft ...
Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 25.01.2024, auf den verwiesen wird, das Verfahrenskostenhilfegesuch der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und auf die Unzulässigkeit ihrer Beschwerde hingewiesen.
In ihrer Stellungnahme hierzu vom 21.02.2024 lässt die Beschwerdeführerin insbesondere ausführen, dass die Rechtsprechung zur Frage der Beschwerdebefugnis in der vorliegenden Konstellation uneinheitlich sei. Die "Großeltern" seien nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden.
Wegen der Einzelheiten, insbesondere zum Vorbringen der Beteiligten in beiden Rechtszügen, wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II. Die Beschwerde der Kindesmutter ist unzulässig, da es an der erforderlichen Beschwerdeberechtigung fehlt.
1. In § 59 Abs. 1 FamFG ist bestimmt:
Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
2. Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde der Mutter richtet sich ausdrücklich nur gegen den Ausspruch zur Übertragung der Vormundschaft auf das Jugendamt S. in Ziff. 2 der Entscheidungsformel des angefochtenen Beschlusses. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Beschwerdeantrag, sondern auch aus dem Inhalt der Beschwerdebegründung. In der Beschwerdebegründungsschrift wird auf Seite 2 hierzu ausgeführt:
I. Umfang der Beschwerde
Die Beschwerde wendet sich nicht gegen Ziffer 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart, AZ: 22 F 199/23 vom 26.10.2023, sondern gegen Ziffer 2 des Beschlusses, wonach zum Vormund das Jugendamt S. bestimmt wird.
Ziffer 1 des Beschlusses wird ausdrücklich nicht angegriffen.
Diese Beschränkung des Beschwerdeangriffs steht in der Sache in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Kindesmutter im ersten Rechtszug. Im Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 08.09.2023 ließ sie auf Seite 1 u.a. ausführen:
Die Mutter, Frau M. P., ist sich darüber im Klaren, dass sie psychisch erkrankt ist. Sie ist sich auch darüber im Klaren, dass Sie diese kindeswohlgefährdende Kausalkette in Gang gesetzt und die Situation ve...