Leitsatz (amtlich)
Auch wenn der Schuldner seinen Wohnsitz im Ausland hat, bestimmt sich in Zwangsvollstreckungsverfahren das Beschwerdegericht nicht nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, weil die deutschen Vollstreckungsorgane deutsches Zwangsvollstreckungsrecht anwenden und deshalb in Zwangsvollstreckungsverfahren generell ein rechtlicher Auslandsbezug fehlt.
Normenkette
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Beschluss vom 10.03.2005; Aktenzeichen 2 M 606/05) |
Tenor
Die Sache wird an das LG Stuttgart zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit über die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des AG Stuttgart vom 10.3.2005 i.d.F. nach den Beschlüssen vom 17.3.2005 abgegeben.
Gründe
I. Der in Frankreich wohnhafte Schuldner begehrt die Freigabe gepfändeter Kontoguthaben. Nachdem sein Antrag mit Beschluss des Rechtspflegers vom 10.3.2005 zurückgewiesen worden war, gab er mit den Beschlüssen vom 17.3.2005 im Rahmen von Abhilfeentscheidungen gegen das inzwischen eingelegte Rechtsmittel Kontoguthaben teilweise frei. Der Rechtspfleger des AG Stuttgart hat mit Verfügung vom 8.6.2005 unter Hinweis auf seine Entscheidung über die Abhilfe vom 6.4.2005 die Akten dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II. Gegen Entscheidungen des Rechtspflegers nach § 850k Abs. 2 ZPO ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 850k Rz. 16). Zuständig für die Entscheidung über diese Beschwerde ist das LG Stuttgart. Seine sachliche Zuständigkeit als Beschwerdegericht ergibt sich aus § 72 GVG. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG ist vorliegend nicht anzuwenden. Wie der BGH bereits in seinem Beschl. v. 19. 3. 04 (BGH v. 19.3.2004 - IXa ZB 23/03, BGHReport 2004, 1114) dargelegt hat, greift die Ausnahmeregelung des § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG bei Zwangsversteigerungsverfahren über ein in Deutschland belegenes Grundstück eines deutschen Eigentümers mit ausländischem Wohnsitz nicht ein. Der Grund liegt darin, dass insoweit national und international ausschließlich das Vollstreckungsgericht des deutschen Belegenheitsorts zuständig ist (§§ 802, 869 ZPO). Dementsprechend gelten für das Zwangsversteigerungsverfahren stets die Vorschriften der lex fori. Damit fehlt jeder Zusammenhang mit dem Regelungszweck der Vorschrift, wonach für Fälle mit möglichem rechtlichen Auslandsbezug der Beschwerderechtszug zum OLG führen soll.
Für Zwangsvollstreckungsfälle der vorliegenden Art gilt nichts anderes. Auch für die Entscheidung über die Freigabe gepfändeter Guthaben nach § 850k ZPO sind die deutschen AG als Vollstreckungsgerichte nach § 802 ZPO national und international zuständig unabhängig davon, wo der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Es gelten auch hier nur die Vorschriften der lex fori (OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.3.2005 - 8 W 85/05; Beschl. v. 18.4.2005 - 8 W 145/05; OLG Oldenburg v. 24.6.2003 - 2 W 38/03, OLGReport Oldenburg 2003, 374; OLGR 2004, 47 = NJW-RR 2004,499).
Aus den dargelegten Gründen kann den abweichenden Auffassungen des OLG Köln (OLG Köln InVo 2004, 512), OLG Frankfurt (OLG Frankfurt DGVZ 2004, 92) und OLG Braunschweig (OLG Braunschweig v. 17.9.2004 - 2 W 186/04, Rpfleger 2005, 150) nicht gefolgt werden.
Die Akten werden daher dem LG Stuttgart zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit abgegeben ...
Fundstellen
MDR 2005, 1253 |
Die Justiz 2005, 394 |
OLGR-Süd 2005, 676 |
www.judicialis.de 2005 |