Leitsatz (amtlich)
Eine Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel i.S.v. Art. 9 EuVTVO setzt eine förmliche Ladung zum Gerichtstermin voraus, die einfache Aufgabe zur Post reicht nicht aus. Dies gilt - anders als nach § 184 Abs. 1 und 2 ZPO - auch dann, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück zuvor formell zugestellt worden ist.
Normenkette
EuVTVO Art. 6 Abs. 1c, Art. 9, 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1e, 3
Verfahrensgang
LG Rottweil (Beschluss vom 04.05.2007; Aktenzeichen 2 O 115/2006) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 18.5.2007 gegen den Beschluss des LG Rottweil vom 4.5.2007 - 2 O 115/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 250 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hat den Beklagten mit der beim LG Rottweil erhobenen Klage vom 27.3.2006 auf Zahlung von 15.330 EUR nebst Zinsen und Kosten mit der Begründung in Anspruch genommen, es sei ein Vertrag über die Lieferung von verschiedenen Lamellenelementen zwischen den Parteien zustande gekommen, die Lamellenelemente seien dem Beklagten auch ausgeliefert worden, jedoch habe dieser die Rechnung vom 23.6.2005 nicht beglichen. Gleichzeitig stellte der Kläger den Antrag, eine Entscheidung des Gerichts im vorliegenden Verfahren als europäischen Vollstreckungstitel i.S.v. Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuVTVO) zu bestätigen. Die Klage wurde dem Beklagten nebst Anlagen förmlich durch den niederländischen Gerichtsvollzieher M., A am 24.7.2006 in der Weise am Wohnsitz des Empfängers zugestellt, dass die Schriftstücke in einem geschlossenen Briefumschlag im Briefkasten des Schuldners hinterlegt wurden (vgl. Bl. 15a und Bl. 38 d.A.). Mit Verfügung vom 4.9.2006 (Bl. 34 d.A.) wurde Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung auf den 25.1.2007 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Beklagten zum Termin angeordnet. Zu diesem Zweck wurde der Beklagte auf einfachem Postweg durch Aufgabe der Ladung zur Post gem. § 184 Abs. 2 ZPO geladen (Bl. 34a d.A.). Nachdem der Beklagte zum Termin nicht erschienen ist, hat das LG Rottweil den Beklagten mit Versäumnisurteil vom 31.1.2007 bis auf einen geringen Teil der verlangten Kosten antragsgemäß verurteilt (Bl. 42/46 d.A.). Das Urteil wurde dem Beklagten ebenfalls auf einfachem Postweg durch Aufgabe zur Post zugestellt (Bl. 46a d.A.).
Mit Beschluss vom 4.5.2007, auf dessen Gründe verwiesen wird (Bl. 67/68 d.A.), wurde der Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung des vorerwähnten Versäumnisurteils als europäischer Vollstreckungstitel durch die Rechtspflegerin des LG zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss, der der Klägerin am 7.5.2007 zugestellt worden ist, wendet sich die Klägerin mit ihrer beim LG am 21.5.2007 eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 18.5.2007. Die Klägerin macht insbesondere geltend, die Klage und die Ladung hätten den Beklagten erreicht, wie sich aus einem Telefax des Bevollmächtigten des Beklagten vom 29.8.2006 ergebe.
Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 24.5.2005 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. §§ 1080 Abs. 2, 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Bei einer Ablehnung eines Antrages auf Bestätigung einer Entscheidung als europäischer Vollstreckungstitel gem. Art. 9 EuVTVO durch den Rechtspfleger des LG im ersten Rechtszug ist die sofortige Beschwerde eröffnet, weil gem. § 1080 Abs. 2. ZPO die gleichen Rechtsbehelfe statthaft sind wie bei der Verweigerung einer Vollstreckungsklausel (vgl. KG FamRZ 1985, 627; KG Rpfleger 1998, 65; Zöller/Stöber, 26. Aufl., Rz. 13 zu § 724 ZPO). Das Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel gem. Art. 6 Abs. 1 lit. c) i.V.m. Art. 12 ff. EuVTVO liegen nicht vor (1.). Die Nichteinhaltung der Mindestvorschriften wurde nicht nach Art. 18 EuVTVO geheilt (2.).
1. Eine Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel i.S.v. Art. 9 EuVTVO setzt u.a. voraus, dass das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedsstaat den Mindestvorschriften für das Verfahren über unbestrittene Forderungen genügt hat (Art. 6 Abs. 1 lit. c) EuVTVO). Im vorliegenden Fall wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück entsprechend Art. 14 Abs. 1 lit. c), Abs. 3 EuVTVO im Wege der Ersatzzustellung durch Hinterlegung im Briefkasten des Schuldners und damit ordnungsgemäß zugestellt. Jedoch muss gem. Art. 13 Abs. 2 EuVTVO auch die Ladung zu einem Gerichtstermin förmlich zugestellt werden, was nicht geschehen ist. Zwar verlangt Art. 13 Abs. 2 EuVTVO keine Zustellung gem. Art. 13 Abs. 1, auch eine Ersatzzustellung nach Art. 14 EuVTVO reicht aus (Zöller/Geimer, Anhang II, Rz. 9 zu Art. 12 EuVTVO). Jedoch sieht Art. 14 Abs. 1 lit. e) EuVTVO - anders als § 184 Abs. 2 ZPO -...