Leitsatz (amtlich)
Ein Kostenfestsetzungsbeschluss als eigenständige Entscheidung i.S.v. Art. 4 Nr. 1 EuVTVO kann grundsätzlich als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden. Wurde der Kostenfestsetzungsantrag nicht unter Beachtung von Art. 13 bis 17 EuVTVO zugestellt, kommt eine Heilung nach Art. 18 Abs. 1 EuVTVO in Betracht, wenn der zugestellte Kostenfestsetzungsbeschluss eine hinreichende Rechtsbehelfsbelehrung enthält.
Normenkette
EGV 805/2004 Art. 4 Nr. 1, Art. 13-17, 18 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Zweibrücken (Entscheidung vom 25.01.2023; Aktenzeichen HK O 43/17) |
Tenor
Der Beschluss des Landgerichts Zweibrücken vom 25. Januar 2023 (Az.: HK O 43/17) wird aufgehoben und der Rechtspfleger am Landgericht Zweibrücken angewiesen, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. November 2022 als Europäischen Vollstreckungstitel zu bestätigen (Art. 6 u. 9 EuVTVO).
Gründe
I. Das Verfahren hat einen Antrag des Klägers und Beschwerdeführers auf Bestätigung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Zweibrücken vom 22. November 2022 nach der Verordnung (EG) 805/2004 (nachstehend: EuVTVO) zum Gegenstand.
Der Kläger hat gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Zweibrücken vom 24. April 2019 (Bl. ... d.A.), berichtigt mit Beschluss vom 9. Mai 2019 (Bl. ... d.A.), einschließlich Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten erwirkt. Den hiergegen erhobenen Einspruch hat die Kammer mit Urteil vom 18. November 2019 (Bl. ... d.A.) als unzulässig verworfen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken mit Beschluss vom 7. Juli 2022 (Bl. ... d.A.) mit Kostenentscheidung zu Lasten der Schuldnerin einstimmig zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2022 (Bl. ... d.A.), eingegangen am 19. Juli 2022 (Bl. ... d.A.), hat der Kläger und Beschwerdeführer Kostenfestsetzung für beide Instanzen beantragt. Mit Verfügung vom 7. September 2022 wurde dieser Schriftsatz vom 19. Juli 2022 nach Aktenlage an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit der Bitte um Kenntnis- und ggf. Stellungnahme innerhalb einer Woche zum "beigefügten Schreiben vom 01.09.2022" (Anm. des Senats: mutmaßlich ein Schreibversehen) formlos übersandt (Bl. ... d.A.). Nachdem der Kläger mit Schriftsätzen vom 29. September 2022 (Bl. ... d.A.) und 14. Oktober 2022 (Bl. ... d.A.) jeweils an die Erledigung erinnert und mit letztgenanntem Schriftsatz zugleich die Erteilung eines Europäischen Vollstreckungstitels beantragt hatte, hat der Rechtspfleger des Landgerichts mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. November 2022 (Bl. ... d.A.) die zu erstattenden Kosten auf ....,.. EUR festgesetzt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss, der eine Belehrung über das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde beinhaltete, ist der Beklagten über deren Prozessbevollmächtigten am 29. November 2022 in beglaubigter Abschrift zugestellt worden (Bl. ... d.A.). Die Beklagte hat dagegen kein Rechtsmittel eingelegt.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2023 (Bl. ... d.A.) hat der Rechtspfleger des Landgerichts den Antrag des Klägers vom 14. Oktober 2022 auf Erteilung einer europäischen vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses, den der Kläger mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 (Bl. ... d.A.) konkret bezogen auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 22. November 2022 wiederholt gestellt hatte, zurückgewiesen. Wie zuvor bereits mit Verfügung vom 7. Dezember 2022 (Bl. ... d.A.) vorläufig mitgeteilt, hat das Landgericht sich zur Begründung darauf gestützt, dass X-Land kein Mitgliedsstaat der EU sei. Außerdem sei der Kostenfestsetzungsantrag nicht unter Beachtung von Art. 13 bis 17 EuVTVO der Beklagten zugestellt worden, sodass eine entsprechende Bescheinigung nicht ausgestellt werden könne ("vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 3.6.2008 - 8 W 223/08"). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 3. Februar 2023 eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 2. Februar 2023 (Bl. ... d.A.), der das Landgericht mit Beschluss vom 7. Februar 2023 (Bl. ... d.A.) nicht abgeholfen und die es dem Pfälzischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 16. März 2023 hat der Kläger im Beschwerdeverfahren dargetan, er benötige die europäische vollstreckbare Ausfertigung zur Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte in Y-Land. Es gebe dort pfändbare Forderungen gegenüber Drittschuldnern.
Der zuständige Einzelrichter hat das Verfahren mit Beschluss vom 21. März 2023 dem Senat zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen (§§ 568 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2, Nr. 2 ZPO, 122 Abs. 1 GVG).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers ist nach §§ 1080 Abs. 2 ZPO, 567 ff. ZPO, 20 Nr. 11, 11 Abs. 2 RPflG statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2020, Az.: IX ZB 46/18, zit. n. Juris, dort Rdnr. 9; Adolphsen, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2022, § 1080 ZPO, Rdnr. 10; Seibel, in: Zöller,...