Leitsatz (amtlich)

Eine befristete Führungsaufsicht, die nach Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt eintritt, wird durch eine spätere Führungsaufsicht als Folge vollständiger Vollstreckung der Strafe beendet. In diesem Fall ist über das Entfallen der Maßregel nach § 68f Abs. 2 StGB und deren Ausgestaltung zu entscheiden (abweichend OLG Bamberg, Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 1 Ws 690/10 - BeckRS 2011, 05601).

 

Normenkette

StGB § 67d Abs. 5 S. 2, § 68e Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 68f

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Entscheidung vom 25.02.2011; Aktenzeichen 13 StVK 37/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Tübingen vom 25. Februar 2011

a u f g e h o b e n.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht Tübingen

z u r ü c k v e r w i e s e n.

 

Gründe

I. ... wurde durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Januar 2008 wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung weiterer Strafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Zwischen 10. April 2008 und 6. Mai 2010 befand sich der Verurteilte im Maßregelvollzug im ... . Mit Beschluss vom 16. April 2010 erklärte das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Tübingen die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt und lehnte die bedingte Aussetzung des letzten Drittels der Gesamtfreiheitsstrafe ab. Die Dauer der mit der Entlassung aus dem Maßregelvollzug eingetretenen Führungsaufsicht wurde auf drei Jahre festgesetzt und der Verurteilte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und angewiesen, jeden Wechsel des Wohnsitzes der zuständigen Führungsaufsichtsstelle und seinem Bewährungshelfer mitzuteilen. Den offenen Strafrest verbüßte er bis zu seiner Entlassung am 14. Dezember 2010 in der Justizvollzugsanstalt ... .

Am 17. Januar 2011 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Landgericht unter Hinweis auf die mit der Entlassung aus dem Strafvollzug gem. § 68f StGB eingetretene Führungsaufsicht, deren Dauer auf drei Jahre festzusetzen, den Verurteilten einem Bewährungshelfer zu unterstellen, die von der Justizvollzugsanstalt in ihrer Stellungnahme vom 5. Januar 2011 empfohlenen Weisungen zu erteilen und die durch Beschluss vom 16. April 2010 ausgestaltete Führungsaufsicht gem. § 68e Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB für erledigt zu erklären.

Mit Beschluss vom 25. Februar 2011 ergänzte das Landgericht seinen Beschluss vom 16. April 2010 bezüglich der gem. § 67d Abs. 5 S. 2 StGB eingetretenen Führungsaufsicht dahingehend, dass dem Verurteilten die Weisung erteilt wird, regelmäßig die Drogenberatungsstelle in ... aufzusuchen und deren Beratungsangebot anzunehmen. Der Antrag der Staatsanwaltschaft vom 17. Januar 2011 wurde zurückgewiesen, soweit damit auch eine Entscheidung über den Eintritt der Führungsaufsicht gem. § 68f StGB und die Erledigterklärung der durch Beschluss vom 16. April 2010 ausgestalteten Führungsaufsicht beantragt wurde.

Zur Begründung führt die Strafvollstreckungskammer aus, einer nochmaligen Entscheidung gem. § 68f Abs. 2 StGB über die bereits gem. § 67d Abs. 5 S. 2 StGB kraft Gesetzes im gleichen Verfahren eingetretene Führungsaufsicht bedürfe es nicht. Vorliegend entfalte § 67d Abs. 5 S. 2 StGB eine Sperrwirkung gegenüber § 68f Abs. 2 StGB. In derartigen Fällen handele es sich bei der Führungsaufsicht gem. § 68f Abs. 1 S. 1 StGB nicht um eine neue Führungsaufsicht i.S.d. § 68e Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB. Die nach Abbruch der Unterbringung kraft Gesetzes eingetretene Führungsaufsicht müsse daher nicht für erledigt erklärt werden, vielmehr sei diese Führungsaufsicht nur um die für erforderlich gehaltene zusätzliche Weisung, Kontakt zur Drogenberatungsstelle zu halten, zu ergänzen gewesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit sofortiger Beschwerde vom 7. März 2011.

II. Die gem. §§ 463 Abs. 3 S. 1, 454 Abs. 3 S. 1 StPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Da mit dem Eintritt der Führungsaufsicht nach § 68f StGB die gem. § 67d Abs. 5 S. 2 StGB bestehende Führungsaufsicht gem. § 68e Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB beendet wurde, durfte die Strafvollstreckungskammer den die beendete Führungsaufsicht betreffenden Beschluss vom 16. April 2010 nicht lediglich ergänzen, sondern hätte - wie von der Staatsanwaltschaft beantragt - über das (Nicht-) Entfallen der Maßregel nach § 68f Abs. 2 StGB entscheiden müssen.

1. Nachdem die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt durch Beschluss vom 16. April 2010 für erledigt erklärt worden war, war gem. § 67d Abs. 5 S. 2 StGB mit der Entlassung aus dem Maßregelvollzug kraft Gesetzes Führungsaufsicht eingetreten. Wegen der nachfolgenden Strafvollstreckung ruhte diese auf drei Jahre befristete Maßregel während der Dauer des Vollzugs (§ 68e Abs. 1 S. 2 StGB). Die Vollverbüßung des offenen Strafrestes aus ...

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