Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO
Verfahrensgang
LG Tübingen (Beschluss vom 19.05.1998; Aktenzeichen 7 O 114/98) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 19. Mai 1998 wird
zurückgewiesen.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Beschwerdewert: 20.600,– DM
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsgläubiger gegen den ihren Vollstreckungsantrag ablehnenden Beschluß des Landgerichts ist gem. §§ 793 Abs. 1, 567, 569, 577 Abs. 2 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingegangen. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
In einem Rechtsstreit, in dem es um Mängel des vom Antragsgegner im Auftrag der Antragsteller errichteten Kachelofens ging (LG Tübingen 7 O 322/94, OLG Stuttgart 13 U 265/95), haben die Parteien vor dem Senat am 04. Juli 1996 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, dessen Ziff. 1 wie folgt lautet:
„Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Herstellung beziehungsweise Nachbesserung des streitgegenständlichen Kachelofens auf Grund der für beiden Parteien verbindlichen, schriftlichen Feststellungen eines Schiedsgutachters erfolgt, sowie unter dessen Anleitung. Dieser Schiedsgutachter soll für die Parteien durch die Industrie- und Handelskammer Stuttgart bestimmt werden”.
Nachdem der von der Industrie- und Handelskammer Stuttgart benannte Sachverständige F. in seinem Schiedsgutachten vom 26.03.1997 den Abbruch und die Neuherstellung des Kachelofens für notwendig erachtet hat, ist der Antragsgegner einer entsprechenden Aufforderung der Antragsteller nicht nachgekommen. Die Antragsteller haben deshalb beantragt, sie zu ermächtigen, auf Kosten des Antragsgegners den Abbruch und die Neuherstellung selbst durchzuführen und den Antragsgegner zu einem Kostenvorschuß zu verurteilen.
Das Landgericht hat diesen Antrag zu Recht mit der Begründung abgelehnt, daß die Ziff. 1 des Vergleiches vom 04. Juli 1996 keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Mit der Formulierung „die Parteien sind sich darüber einig, daß die Herstellung bzw. Nachbesserung des Kachelofens … erfolgt” wird keine durchsetzbare Verpflichtung des Antragsgegners festgelegt; vielmehr wird nur ein Einvernehmen über das streitige Rechtsverhältnis festgehalten, so daß diese Vergleichsbestimmung einem feststellenden Urteil gleichzuachten ist, das in der Hauptsache nicht vollstreckbar ist (vergl. Zöller/Stöber, ZPO, 20. Aufl., § 794 RN 14; MünchK/Krüger, ZPO, § 704 RN 6; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., RN 21 vor § 704).
Vor allem genügt der Vergleichstext nicht dem bisher stets betonten Erfordernis, daß die nach dem Vollstreckungstitel zu erbringende Leistung aus dem Titel selbst heraus bestimmbar sein muß (vergl. BGH NJW 1986, 1440; OLG Hamm OLGZ 74, 59 ff.; Zöller/Stöber a.a.O., § 704 RN 4,5; Thomas/Putzo a.a.O. § 704 RN 22; Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 21. Aufl., RN 27 vor § 704). Wird im Vollstreckungstitel auf andere Unterlagen Bezug genommen, so müssen diese regelmäßig als Anlage beigeheftet werden. Eine Bezugnahme auf ein bereits vorliegendes Gutachten ohne die Beiheftung als Anlage ist unzulässig. Erst recht kann nicht wirksam auf ein Sachverständigengutachten Bezug genommen werden, das erst noch eingeholt werden muß.
Entgegen der Beschwerdebegründung kann in Fällen, in denen die zu vollstreckende Leistung im Zeitpunkt der Schaffung des Titels nicht bereits bestimmt sein kann, sondern mittels der Angaben im Titel durch einen Dritten erst konkretisiert werden soll, nicht durch Bezugnahme auf das künftige Gutachten ein vollstreckungsfähiger Titel geschaffen werden. Die Vorstellung, daß das erst zu erstattende Gutachten von vornherein in den Vergleich einbezogen werde, gleichsam in diesen „incorporiert” sei, ist, was die Möglichkeit sofortiger Zwangsvollstreckung betrifft, unzutreffend. Gerade der Umstand, daß im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses eine nähere Konkretisierung der zu erbringenden Leistung nicht möglich war und deshalb nicht erfolgt ist, führt dazu, daß es am vollstreckungsfähigen Inhalt des Vergleiches fehlt.
Befolgt der Vollstreckungsschuldner – wie im vorliegenden Fall – den Spruch des Schiedsgutachters nicht, so muß neu auf Erbringung der Leistung, die entsprechend dem Schiedsgutachten zu konkretisieren ist, geklagt werden. Die Notwendigkeit eines weiteren Rechtsstreits ist zwar für den Vollstreckungsgläubiger mißlich; jedoch ist der neue Vollstreckungstitel deshalb leichter zu erlangen, weil im Vergleich festgelegt wurde, daß die Feststellungen des Schiedsgutachters maßgebend sind, und weil bereits ein verbindliches Schiedsgutachten vorliegt; die Kosten des weiteren Rechtsstreits hat dann der Vollstreckungsschuldner zu tragen.
Allerdings sollte der Antragsgegner nochmals überdenken, ob er es auf den neuen Rechtsstreit ankommen lassen will. Die von ihm behauptete Begrenzung seiner Leistungsverpflichtung im Hinblick auf die im Rechtsstreit gestellten Anträge findet im Vergleichstex...