Leitsatz (amtlich)
1. Die Aushändigung einer Bescheinigung der Übereinstimmung der errichteten Trinkwasseranlage mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nach § 66 S. 2 BauO NRW ist keine Hauptpflicht, sondern eine Nebenpflicht aus dem Werkvertrag zwischen den Parteien. Die Nichterfüllung dieser Nebenpflicht steht einer Abnahme nicht entgegen, sondern begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB.
2. Das Fehlen einer Dichtigkeitsprüfung der Trinkwasseranlage nach DIN 1899 in nicht verdecktem Zustand stellt einen Mangel des Werks des Auftragnehmers dar. Dieser Mangel ist nicht wesentlich und steht einer Abnahme nicht entgegen, wenn der Auftragnehmer im Prozess nachweist, dass das Rohrleitungsnetz dicht ist.
3. Im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ist eine Korrektur der Kostenentscheidung erster Instanz möglich, weil die Kostenentscheidung von Amts wegen zu ergehen hat.
4. Hat der Auftragnehmer im Prozess durch ein Sachverständigengutachten die Dichtigkeit des Rohrleitungsnetzes nachgewiesen, so dass ab Vorlage des Gutachtens ein wesentlicher Mangel nicht mehr vorlag und die Klage auf Abnahme begründet wurde, kommt § 96 ZPO nicht zu Anwendung, sondern der Auftraggeber kann seiner Kostenlast nur entgehen, wenn er den Anspruch auf Abnahme nach Vorlage des Gutachtens gem. § 93 ZPO sofort anerkennt. Ansonsten trägt er nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.
Verfahren abgeschlossen durch Berufungsrücknahme
Normenkette
VOB/B § 12 Nr. 3; BauO NRW § 66 S. 2; BGB § 273; ZPO § 522 Abs. 2, §§ 96, 93, 91
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 09.10.2009; Aktenzeichen 7 O 116/06) |
Tenor
1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 9.10.2009 - 7 O 116/06, durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu diesem Beschluss bis Mittwoch, 10.2.2010, Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg; die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Nach Fertigstellung des Werks ist der Auftraggeber zur Abnahme verpflichtet. Er darf die Abnahme nach Fertigstellung des Bauwerks wegen Mängel nur verweigern, wenn diese wesentlich sind (§ 12 Nr. 3 VOB/B). Im Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ist zu berücksichtigen, ob dem Auftraggeber die Abnahme und der damit verbundene Rechtsverlust zuzumuten ist, aber auch das Interesse des Auftragnehmers, möglichst bald die Abnahmewirkungen herbeizuführen. Ob ein Mangel "wesentlich" ist, bestimmt sich anhand der Art des Mangels, seines Umfangs und vor allem seiner Auswirkungen unter Berücksichtigung und Wertung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls; insbesondere kommt es auf die Zumutbarkeitsgrenze aus objektiver Sicht im Verhältnis zwischen dem Vertragszweck und dem erbrachten Erfolg an. Ein wesentlicher Mangel wird dann vorliegen, wenn die Gebrauchsfähigkeit der Leistung aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt ist. Die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ist ein gewichtiger Anhaltspunkt für die Wesentlichkeit eines Mangels, aber stets nur einer der zu berücksichtigenden Umstände. Mit einzufließen hat bei der Bewertung, ob ein Mangel wesentlich ist, auch ein etwaiges Verschulden des Auftragnehmers bei der Ausführung (vgl. hierzu insgesamt Riedl/Mannsfeld in Heiermann/Riedl/Rusam VOB 11. Aufl. B § 12 Rz. 76).
1. Die fehlende Bescheinigung der Übereinstimmung der Trinkwasseranlage mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften (§ 66 Satz 2 BauO NRW) steht der Abnahme nicht entgegen.
Die Aushändigung dieser Bescheinigung ist vertragliche Nebenpflicht der geschuldeten Werkleistung (OLG Köln NZBau 2000, 78, Juris Rz. 2). Eine Verletzung einer solchen Nebenpflicht steht einer Abnahmepflicht nicht entgegen, weil mit der Abnahme die Erfüllung der Hauptpflicht des Unternehmers, nämlich die Herstellung eines vertragsgemäßen Werks, erklärt wird. Wegen der Verletzung einer Nebenpflicht kann der Besteller die Abnahme nicht verweigern, sondern ihm steht deswegen lediglich ein Zurückbehaltungsrecht ggü. der Werklohnforderung nach § 273 BGB zu (vgl. auch Kniffka, Anmerkung zum Urteil des OLG Rostock vom 15.2.1995 - 2 U 59/94, IBR 1995, 333). Zu Recht hat deshalb das OLG Köln in der zitierten Entscheidung ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB und nicht ein solches nach § 641 Abs. 3 BGB a.F. angenommen.
2.a) Nach der DIN 1899 hatte eine Druckprüfung der Trinkwasseranlage in nicht verdecktem Zustand stattzufinden. Die Klägerin hat diese auf die Herstellung des Werks bezogene und damit zur Hauptpflicht gehörenden Maßnahme versäumt, weshalb ihr Werk mangelhaft ist.
b) Allerdings handelt es sich im vorliegenden Fall beim Fehlen der Dichtigkeitsprüfung nach der DIN 1899 nicht um einen wesentlichen Mangel, der der Abnahme entgegenstünde. Die Prüfung nach DIN 1899 i...