Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 20.11.2012; Aktenzeichen 4 KLs 211 Js 28184/12 Hw.) |
StA Stuttgart (Aktenzeichen 211 Js 28184/12) |
Tenor
Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Am 20. Dezember 2011 erließ das Amtsgericht Stuttgart gegen den Beschwerdeführer einen Haftbefehl, wonach er dringend verdächtig war, in zwei versuchten und drei vollendeten Fällen gewerbsmäßige Betrugstaten begangen und dabei als Mitglied einer Bande gehandelt zu haben, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrugstaten verbunden habe. Ab dem 29. Dezember 2011 wurde die Untersuchungshaft vollzogen.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erhob am 4. April 2012 Anklage gegen den Beschwerdeführer und fünf weitere Beschuldigte; dem Beschwerdeführer wurde im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den Vorwürfen des Haftbefehls Spielautomatenmanipulationen zur Last gelegt, rechtlich bewertet als fünf banden- und gewerbsmäßige Betrugstaten, in einem Fall als Versuch.
Mit Beschluss vom 10. Mai 2012 eröffnete die Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart das Hauptverfahren. Die Hauptverhandlung begann am 25. Mai 2012 und dauerte insgesamt 25 Hauptverhandlungstage.
Am 4. Juni 2012 beantragte der Beschwerdeführer, den Haftbefehl aufzuheben; es bestehe keine Fluchtgefahr. Das Landgericht lehnte den Antrag durch Beschluss vom 25. Juni 2012 ab und hielt den Haftbefehl aufrecht.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Beschwerdeführer Rechtsmittel ein. Mit Beschluss vom 1. August 2012 wies der Senat die Haftbeschwerde zurück. Eine dagegen erhobene Gegenvorstellung wies der Senat am 17. August 2012 zurück.
Am 2. Oktober 2012 setzte das Landgericht den Haftbefehl gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug.
Mit Schriftsatz, eingegangen am 13. September 2012, hatte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde gegen die Haftfortdauerentscheidungen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts erhoben. Mit Beschluss vom 17. Januar 2013 (2 BvR 2098/12) hat das Bundesverfassungsgericht den Senatsbeschuss vom 1. August 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Stuttgart zurückverwiesen. Dieses hat im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 13. März 2013 festgestellt, dass der prozessual überholte Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 25. Juni 2012 rechtswidrig gewesen ist.
Durch Urteil vom 20. November 2012 wurde der Beschwerdeführer entsprechend seinen geständigen Einlassungen wegen gewerbsmäßigen Betrugs in zwei Fällen und wegen Betrugs schuldig gesprochen; gegen ihn wurde ein Jugendarrest von vier Wochen verhängt, mit der Maßgabe, dass dieser im Hinblick auf die erlittene Untersuchungshaft in voller Höhe nicht vollstreckt wird. Dem Beschwerdeführer wurde eine Entschädigung für den Vollzug der Untersuchungshaft in der Zeit, die nicht durch die Anrechnung auf den Arrest erledigt ist, ebenso wie für die erlittene Durchsuchungsmaßnahme versagt. Das Urteil ist rechtskräftig. Ebenfalls am 20. November 2012 wurde der gegen den Beschwerdeführer bestehende Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2011 aufgehoben.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Verurteilte gegen die Versagung von Entschädigung nach StrEG. Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt.
II.
1.
Die Entscheidung des Landgerichts, dem Beschwerdeführer für die vollzogene Untersuchungshaft nach § 6 Abs. 2 StrEG Entschädigungsleistungen zu versagen, ist nicht zu beanstanden.
§ 6 Abs. 2 StrEGermöglicht die Versagung einer Entschädigung für eine Freiheitsentziehung bei Anwendung von Jugendstrafrecht, sofern das Gericht die erlittene Freiheitsentziehung bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Die Vorschrift beruht auf demselben Grundgedanken wie § 5 Abs. 1 Nr. 2 StrEGund geht dieser Vorschrift als speziellere Regelung vor. Der Sache nach handelt es sich um eine faktische formlose Anrechnung des Freiheitsentzugs auf die erkannte jugendrechtliche Sanktion. Im Bereich des Jugendstrafrechts kann der Richter statt Jugendstrafe Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel verhängen oder er kann von einer an sich verwirkten Sanktion absehen, wenn ihr Zweck bereits erreicht ist. § 6 Abs. 2 StrEGermöglicht es dem Jugendrichter, anders als im Erwachsenenstrafrecht flexibler und unter Beachtung erzieherischer Gesichtspunkte über die Anrechnung von Freiheitsentzug zu entscheiden (KG Berlin, NStZ 2010, 284, 285 f.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2005, 2 BvR 28/05).
Zurecht hat das Landgericht dem Beschwerdeführer eine Entschädigung vollständig versagt. Die Kammer stellt in der angefochtenen Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass der lange Vollzug der Untersuchungshaft die ursprünglich vorhandenen schädlichen Neigungen, die aus erzieherischen Gründen zunächst die Verhängung einer erheblichen Jugendstrafe geboten hätten, beseitigt habe. Dabei hat das Landgericht nicht übersehen, dass die verbüßte Untersuchungshaft die Dauer des gegen den Beschwerdeführer verhängten Arrests um mehr als das Acht...