Leitsatz (amtlich)

Hat der Mieter die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme durch Gestattung des Zutritts zu den Mieträumen geduldet, so ist eine Mieterhöhung nach § 3 MHG nicht davon abhängig, daß der Vermieter zuvor eine dem § 541 b Abs. 2 S. 1 BGB genügende Anzeige gemacht hat.

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Aktenzeichen 30 C 9542/89)

LG Stuttgart (Aktenzeichen 5 S 41/90)

 

Gründe

Nach dem Vorlagebeschluß des Landgerichts vom 05.09.1990 verlangt der klagende Vermieter von der beklagten Mieterin eine Erhöhung der Miete gem. § 3 MHG wegen des Einbaus von Wärmeschutzfenstern im Oktober 1988. Eine vorherige Mitteilung des Vermieters gem. § 541 b Abs. 2 S. 1 BGB ist nicht erfolgt. Die Beklagte hat den Einbau der Fenster durch Hereinlassen der Handwerker in die Wohnung geduldet.

Das Landgericht hat folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

Setzt eine Mieterhöhung nach § 3 MHRG auch dann eine form- und fristgerechte Mitteilung des Vermieters von der beabsichtigten Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 541 b Abs. 2 S. 1 BGB voraus, wenn der Mieter die bauliche Maßnahme tatsächlich geduldet hat?

Diese Frage möchte das Landgericht verneinen. Es sieht sich daran jedoch durch den Rechtsentscheid des KG vom 01.09.1988 (8 REMiet 4048/88, NJW-RR 1988, 1240 = WoM 1988, 389 = ZMR 1988, 422) gehindert, welcher lautet:

a) Für eine Mieterhöhung nach § 11 AMVOB in Verbindung mit § 18 I. BMG (jetzt gemäß § 6 Abs. 2 bzw. 7 Abs. 2 GVW in Verbindung mit § 3 MHG) war und ist eine Zustimmung des Mieters zu der Modernisierungsmaßnahme nicht erforderlich.

b) Bei fehlender Zustimmung des Mieters setzt die Mieterhöhung voraus, daß der Mieter zur Zeit der Ausführung der Modernisierungsmaßnahme gemäß § 541 b BGB zu ihrer Duldung verpflichtet war.

Das ist der Fall, wenn die materiellen Voraussetzungen des Absatzes 1 der Vorschrift in dem genannten Zeitraum vorgelegen haben und – von Bagatellmaßnahmen nach Absatz 2 Satz 4 der Vorschrift abgesehen – der Vermieter vor dem Beginn der Maßnahme dem Mieter form- und fristgerecht im Sinne von Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift Mitteilung gemacht (und der Mieter nicht von seinem Kündigungsrecht gemäß Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift Gebrauch gemacht) hatte.

Eine Duldung der Maßnahme durch den Mieter oder eine vorangehende gerichtliche Feststellung seiner Duldungspflicht ist für die Mieterhöhung darüber hinaus nicht erforderlich.

Die Vorlage ist zulässig (§ 541 ZPO, früher Art. III des dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften).

Das Landgericht geht allerdings zu Unrecht davon aus, daß es mit der beabsichtigten Entscheidung vom Rechtsentscheid des KG abweichen würde. Dieser Rechtsentscheid betrifft zwar, wie die Gründe zeigen, auch die Auslegung des § 3 MHG. Doch liegt der dortigen Entscheidung der Fall zugrunde, daß der Vermieter ohne Kenntnis und damit ohne Duldung des Mieters die Außenfassade des Gebäudes modernisiert hatte. Das KG hatte also keinen Anlaß, sich mit der Frage zu befassen, ob neben der Duldung einer Modernisierungsmaßnahme durch den Mieter auch noch die formgerechte Ankündigung dieser Maßnahme zu den Voraussetzungen einer Mieterhöhung gehöre. Eine Abweichung von seiner Entscheidung würde deshalb nur vorliegen, wenn diese den vorliegenden Fall denknotwendig mit umfassen müßte oder sich nach dem Zusammenhang der Gründe auch auf ihn erstrecken sollte (BGH NJW 1986, 2102). Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen ist hier aber durchaus möglich, und die Gründe der Entscheidung sprechen eher gegen die Annahme, daß das KG auch den Fall der Duldung einbeziehen wollte (Schultz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, III 554 hält die bloße Duldung für ausreichend und beruft sich dafür u.a. auf den Rechtsentscheid des KG, während Sternel, MDR 1991, 289, 291 annimmt, es solle nach diesem Rechtsentscheid nicht darauf ankommen, daß der Mieter die Maßnahme tatsächlich geduldet hat).

Es handelt sich aber um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die nach § 541 ZPO ebenfalls zur Vorlage verpflichtet, falls sie nicht bereits durch Rechtsentscheid entschieden ist. Ein solcher Rechtsentscheid ist, soweit ersichtlich, nicht ergangen. Daß das OLG Hamburg (OLGZ 1981, 340 = WoM 1981, 127) sich in den Gründen seines die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit betreffenden Rechtsentscheids zu den Fällen der Duldung äußert, steht dem Ausspruch in einem Rechtsentscheid nicht gleich.

Der Beschluß des Landgerichts ist deshalb in eine Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage umzudeuten.

Die Vorlagefrage ist zu verneinen. Hat der Mieter eine Modernisierungsmaßnahme des Vermieters tatsächlich geduldet, dergestalt, daß er zu ihrer Durchführung den Zugang zu seiner Wohnung gestattet hat, so ist der Anspruch des Vermieters auf eine höhere Miete nach § 3 MHG nicht von einer vorherigen Mitteilung der Maßnahme in der in § 541 b Abs. 2 S. 1 BGB vorgeschriebenen Form abhängig. Im Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags (BT-Drucksache 7/2638 S. 4 unter Nr. 8) ist da...

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