Leitsatz (amtlich)

›Hat der Mieter die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme durch Gestattung des Zutritts zu seiner Wohnung geduldet, so setzt eine Mieterhöhung nach § 3 MHG nicht voraus, daß der Vermieter vor dem Beginn der Maßnahme dem Mieter form- und fristgerecht im Sinne von § 541 b Abs. 2 Satz 1 BGB Mitteilung gemacht hatte (Anschluß an den Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 26. April 1991 - 8 RE-Miet 2/90).‹

 

Gründe

Die Beklagten sind Mieter im Hause der Klägerin. Bei Abschluß des Mietvertrages vom 1. 6. 1986 wurde das Mehrfamilienhaus bis auf eine hier nicht interessierende Wohnung mit einer koksbefeuerten Zentralheizung beheizt. Die Mieter zahlten auf Grund der mietvertraglichen Regelung den auf ihre Wohnungen entfallenden Anteil des Brennstoffs unmittelbar an den Lieferanten. In der zweiten Hälfte des Jahres 1988 ließ die Klägerin vor Beginn der Heizperiode die Koksfeuerungsanlage gegen eine temperaturgesteuerte Gaszentralheizung austauschen und sämtliche Heizkörper in den Wohnungen mit Thermostatventilen ausstatten. Eine vorherige Mitteilung durch die Klägerin gemäß § 541 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht erfolgt.

Die durch die Modernisierung der Heizung entstandenen Kosten legte die Klägerin nach § 3 MHG auf die Mieter um. Mit einem Schreiben vom 2. 11. 1988 verlangte sie von den Beklagten die schriftliche Zustimmung zu einer Erhöhung der Monatsmiete um 63,07 DM von bisher 416,00 DM auf 479,07 DM ab 1. 3. 1989. Dies lehnten die Beklagten ab. Daraufhin hat die Klägerin Zahlungsklage gegen die Beklagten erhoben, mit der sie die zuletzt eine monatliche Mieterhöhung von 60,61 DM (anstatt zunächst 63,07 DM) ab 1. 3. 1989 geltend gemacht hat. Sie hat vorgetragen, die Beklagten hätten die Erneuerung der Heizungsanlage geduldet, insbesondere das Anbringen der Thermostatventile an den Heizkörpern in ihrer Wohnung, das vor dem Einbau des neuen Heizkessels erfolgt sei, weil sich dessen Lieferung verzögert habe. Demgegenüber haben die Beklagten behauptet, sie hätten von dem Austausch der Heizungsanlage erst kurz vor Abschluß der dazu erforderlichen Arbeiten erfahren, und zwar zu einem Zeitpunkt, als nur noch die in ihrer Wohnung befindlichen Heizkörper mit Thermosstatventilen hätten ausgerüstet werden müssen. Möglicherweise hätten sie von der Ausführung der übrigen Arbeiten deshalb nichts bemerkt, weil sie in der Zeit vom 28. 7. bis zum 28. 8. 1989 in Urlaub gewesen seien.

Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Umfang der Energieeinsparung und die damit notwendigen Arbeiten durch das am 22. 6. 1990 verkündete Urteil der Klage stattgegeben. Das mit der zulässigen Berufung der Beklagte befaßte Landgericht möchte das Rechtsmittel zurückweisen, sieht sich daran jedoch durch den Rechtsentscheid 8 ReMiet 4048/88 des Kammergerichts vom 1. 9. 1988 (WuM 1988, 389 = ZMR 1988, 422 mit Anm. Schultz S. 460 = DWW 1988, 371 mit Anm. Steinig S. 376 und Schultz DWW 1989, 390 = NJW-RR 1988,1420 = GE RES VII § 3 MHG Nr. 10) gehindert. Durch diesen Rechtsentscheid hat das Kammergericht ausgesprochen, eine Mieterhöhung nach § 3 MHG setze voraus, daß der Vermieter die bauliche Maßnahme gemäß § 541 b Abs. BGB wirksam angekündigt habe.

Das Landgericht ist mit dem Amtsgericht der Ansicht, daß die materiellen Voraussetzungen des § 541 b Abs. 1 BGB im Streitfall erfüllt sind; die Klägerin habe Baumaßnahmen ausgeführt, die nicht zu einer Beeinträchtigung der Beklagten, wohl aber zu einer Energieeinsparung geführt hätten; die daraus resultierende Mieterhöhung sei unter Berücksichtigung der ortsüblichen Vergleichsmiete und der Verhältnisse der Beklagten tragbar. Voraussetzung einer Mieterhöhung nach § 3 MHG sei dagegen nicht, daß die Klägerin vor Beginn der Baumaßnahme den Beklagten form- und fristgerecht im Sinne von § 541 b Abs. 2 Satz 1 BGB Mitteilung gemacht habe. Die Vorschrift des § 541 b BGB einerseits und die des § 3 MHG andererseits verfolgten unterschiedliche Zwecke. § 541 b BGB wolle den Ausgleich der Interessen zwischen Bestandsschutz des Mieters und Modernisierungsinteresse des Vermieters herbeiführen. § 3 MHG dagegen wolle Angesichts der durch § 2 MHG eingeschränkten Möglichkeiten einer Mieterhöhung dem Vermieter das Recht geben, unabhängig von § 2 MHG die Miete in den Fällen zu erhöhen, in denen er nachträglich eine Gebrauchswertverbesserung vorgenommen habe. Die Einbeziehung der Voraussetzungen des § 541 b BGB in § 3 MHG habe daher nur den Zweck, die Interessen des Mieters bei einer Leistungsverschiebung zu wahren, der nicht mit einer sogenannten Luxusmodernisierung überzogen werden dürfe. Diese Interessen seien ausreichend dadurch gewahrt, daß die materiellen Voraussetzungen der Duldungspflicht nach § 541 b Abs. 1 BGB erfüllt seien. Der Gesetzgeber habe die Frage, welchen Einfluß die Verletzung der Hinweispflicht durch den Vermieter auf die Mieterhöhung habe, in den § § 3 Abs. 4 Satz 2 und 9 Abs. 1 Satz 2 MHG ausdrücklich und abschließend geregelt.

Das Landgericht hat daher - wegen b...

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