Verfahrensgang

AG Crailsheim (Beschluss vom 24.07.2020; Aktenzeichen 2 F 127/19)

 

Tenor

1. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

 

Gründe

I. Die am ... geborene Beteiligte ... (Antragstellerin) und der am ... geborene Beteiligte ...(Antragsgegner) sind seit Anfang 2019 getrenntlebende Eheleute. Aus der Ehe sind die Kinder ..., geboren am ..., ..., geboren am ..., Jannis, geboren am ..., ..., geboren am ..., ..., geboren am ..., und ..., geboren am ..., hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung im Haushalt der Antragstellerin in der im gemeinsamen Eigentum der Beteiligten stehenden Immobilie, welche noch mit Finanzierungskrediten belastet ist. Die Antragstellerin verdient ungefähr ... EUR monatlich netto und erhält Unterhaltsvorschussleistungen.

Der Antragsgegner erhält nach einem schweren Unfallgeschehen im Jahr 2005 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit in Höhe von monatlich ... EUR und pauschales Pflegegeld nach Pflegestufe 2 in Höhe von ... EUR sowie bei konkretem Bedarf zusätzlich ... EUR monatlich Entlastungsleistungen. Er vereinnahmt den Überschuss aus dem Betrieb der im gemeinsamen Eigentum stehenden Photovoltaikanlage in Höhe von ... EUR monatlich. Nachdem er zunächst noch in der Nähe des gemeinsamen Hauses eine Mietwohnung angemietet hatte, ist er im Laufe des Verfahrens in das elterliche Haus in Lübeck umgezogen.

Die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner könne aus einer zumutbaren Beschäftigung im Umfang von nicht mehr als 3 Stunden täglich ein monatliches Nettoeinkommen von ... EUR erzielen. Sie hat ihm die Übernahme seiner Haushälfte nach Schätzung des Wertes der Immobilie angeboten und ist der Auffassung, er sei verpflichtet, das aus dem Verkauf erzielte Vermögen für den Kindesunterhalt einzusetzen. Ebenso sei er verpflichtet, das Pflegegeld für den Kindesunterhalt einzusetzen, da er keinen gesundheitsbedingten Mehraufwand habe.

Sie nimmt den Antragsteller auf Bezahlung des Mindestunterhalts für die 6 Kinder seit Februar 2019 in Anspruch, dies mit der Maßgabe, dass in der Vergangenheit im Umfang der Unterhaltsvorschussleistungen Zahlungen an die Unterhaltsvorschusskasse zu erfolgen haben.

Der Antragsgegner beantragt Antragsabweisung.

Er beruft sich auf Leistungsunfähigkeit und wendet die Berücksichtigung von Umgangskosten ein.

Das Familiengericht hat dem Antragsgegner neben der Rente und den Einnahmen aus der Photovoltaikanlage ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit von ... EUR monatlich zugerechnet, das Pflegegeld und eine Obliegenheit zur Vermögensverwertung jedoch unberücksichtigt gelassen. Ebenso wurden Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangs nicht berücksichtigt.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner mit einer Mangelfallquote von 11,193 % im Jahr 2019 und 6,352 % im Jahr 2020 zur Bezahlung von Kindesunterhalt für die 6 Kinder verpflichtet.

Die Antragstellerin beantragt Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde mit dem Ziel der Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Antrags.

Der Antragsgegner beantragt Abweisung des Antrags.

II. Der zulässige Antrag ist unbegründet, da die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 113 FamFG, 114 ZPO.

Die Entscheidung des Familiengerichts lässt - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin im VKH-Verfahren zweiter Instanz - keine Fehler erkennen, welche der Antragstellerin nachteilig sein könnten.

Der Antragsgegner ist seinen 6 ehelichen Kindern gegenüber gemäß § 1601 BGB unterhaltsverpflichtet, welche Ansprüche die betreuende Antragstellerin während der Zeit des Getrenntlebens der Beteiligten gemäß § 1629 Abs. 3 BGB im eigenen Namen geltend machen kann.

Die Bedürftigkeit der Kinder besteht unstreitig in Höhe des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB nach Abzug des jeweiligen hälftigen Kindergeldes gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BGB.

Die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners ist jedoch selbst unter Berücksichtigung seiner gesteigerten Obliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB erheblich eingeschränkt, so dass er zur Bezahlung eines höheren Unterhalts als festgesetzt nicht in der Lage ist.

Der Einsatz des erhaltenen Pflegegeldes für Unterhaltszwecke kommt nicht in Betracht, da dieses lediglich den krankheitsbedingten Mehraufwand des Antragsgegners abdeckt.

Werden für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens Sozialleistungen in Anspruch genommen (hier Pflegegeld), wird bei der Feststellung eines Unterhaltsanspruchs - auch auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten - gemäß § 1610a BGB vermutet, dass die Kosten der Aufwendungen nicht geringer sind als die Höhe dieser Sozialleistung.

Angesichts der tatsächlichen Beeinträchtigungen, welche insbesondere in den Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes detailliert beschrieben sind, und welche der Antragstellerin aus ihren eigenen Bemühungen um die Zuerkennung von Pflegestufen zugun...

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