Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Verhältnis zwischen Prozesskostenvorschuss und Prozesskostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Prozesskostenhilfe stellt ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 2 ZPO dar.
2. Zum Verhältnis zwischen Prozesskostenvorschuss und Prozesskostenhilfe.
Normenkette
ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Tübingen (Beschluss vom 29.08.2003; Aktenzeichen 2 F 570/2003) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des AG - FamG -Tübingen (Az.: 2 F 570/03) vom 29.8.2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Antragstellerin hat ab 1.3.2004 auf die bewilligte Prozesskostenhilfe monatliche Raten i.H.v. 175 EUR zu bezahlen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 3 S. 1 bis 5ZP0 statthafte und zulässige Beschwerde der Staatskasse ist insoweit begründet, als in dem bewilligenden Beschluss vom 29.8.2003 der Antragstellerin eine Ratenzahlung i.H.v. 175 EUR nicht auferlegt wurde.
Dass Eltern, die einem minderjährigen Kind Unterhalt schulden, ihm gegenüber für die Prozesskosten in persönlichen Angelegenheiten aufzukommen und diese vorzuschießen haben, ist einhellige Meinung, Dies wird auch nicht von der Beschwerdegegnerin bekämpft (vgl. hierzu Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rz. 67b).
Dass im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Prozesskostenhilfe dieser Prozesskostenvorschussanspruch Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 2 ZPO ist, ist ebenfalls unstreitig. Sofern also für den Prozessgesuchsteller ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht, kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, Auch dieser Grundsatz ist zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin unstreitig.
Streitig ist allein, und insoweit ist das AG Tübingen in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 19.11.2004 (vgl. Bl. 69/70. d.A.) der Argumentation der Beschwerdegegnerin beigetreten, ob bei fiktivem Prozesskostenhilfeanspruch (auch wenn insoweit hohe Raten zu bezahlen wären) des Prozesskostenvorschussverpflichteten das Primat des Einsatzes des Prozesskostenvorschusses zurücktritt und der Prozesskostenhilfegesuchsteller so behandelt wird, als ob ein Prozesskostenvorschussanspruch ggü. dem Unterhaltsverpflichteten nicht bestehe.
Diese Frage ist seit langem strittig, Zöller/Philippi, auf den sich die Beschwerdegegnerin und das AG in seinem Nichtabhilfebeschluss berufen, verneint in Rz. 70 zu § 115 ZPO unter Hinweis auf eine Mehrzahl von OLG-Entscheidungen für diese Konstellation die Vorschusspflicht, a.a.O. ist auch eine Reihe von abweichenden OLG-Entscheidungen zitiert, auf welche sich die Beschwerdeführerin beruft.
Als Argument wird von dort genannt "andernfalls musste der Vorschusspflichtige in höherem Maß für die Prozesskosten aufkommen, als § 115 ZPO es vorsieht". Dies trifft jedoch nur zu, wenn der Vorschusspflichtige selbst Partei des Rechtsstreits ist, an welchem er sich prozesskostenmäßig über seine Vorschusspflicht gegenüber seiner Gegenpartei beteiligen soll.
Wenn - wie hier - der betreuende Vater der Antragstellerin nicht Partei des zu finanzierenden Prozesses ist, kommt es zu einer Höherbelastung als § 115 ZPO vorsieht für den Vater nicht.
Die von Zöller/Philippi, a.a.O., für die Unterstützung der dort vertretenen Meinung aufgeführten OLG-Entscheidungen steilen teilweise (auch) auf die zuletzt genannte (hier vorliegende) Fallkonstellation ab, teilweise auch ausdrücklich nicht (so OLG Bamberg v. 8.3.2000 - 2 WF 22/00, OLGReport Bamberg 2000, 214 = FamRZ 2000, 1093-1094).
So meint das OLG Bamberg (OLG Bamberg v. 8.3.2000 - 2 WF 22/00, OLGReport Bamberg 2000, 214 = FamRZ 2000, 1093-1094), der Prozesskostenvorschussanspruch diene dazu, der berechtigten Partei Mittel an die Hand zu geben, damit sie den erforderlichen Gerichtskostenvorschuss und den einem Rechtsanwalt nach § 14 BRAGO zustehenden Honorarvorschuss begleichen kann. Dieser Zweck des Vorschusses werde aber dann nicht mehr erfüllt, wenn der Pflichtige Zahlungen nur in Raten erbringe.
Diesem Argument ist nach Auffassung des Senats damit entgegenzutreten, dass die Raten, die dem Prozesskostenvorschussverpflichteten (und seinem Anwalt) zuzumuten sind, auch dem Prozesskostenhilfenachsuchenden und Prozesskostenvorschussberechtigten bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auferlegt werden können. Die Alternative wäre ansonsten ein Alles oder Nichts-Prinzip, im Zweifel zu Lasten der Staatskasse und damit der Gemeinschaft. Mit der bewilligten PKH entfällt die Gerichtskostenvorschusspflicht, der Rechtsanwalt kann seinen Vorschussanspruch ggü. der Staatskasse geltend machen.
Ausgehend von der Selbstauskunft des Vaters der Antragstellerin vom 21.5.2002 in seiner Erklärung gem. § 117 Abs, 2 ZPO, die den Berechnungen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 27.11.2003 zugrunde liegen und welche von der Beschwerdegegnerin inhaltlich nicht bekämpft werden, ergibt sich f...