Leitsatz
Kernproblem dieses Falles war das Verhältnis zwischen ratenweise zu zahlendem Prozesskostenvorschuss und Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die sehr unterschiedliche Handhabung dieses Problems durch die Obergerichte.
Sachverhalt
Der Antragstellerin in einem familiengerichtlichen Verfahren war Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Gegen diesen Beschluss war von der Staatskasse wegen der Nichtauferlegung von Raten Beschwerde eingelegt worden.
Streitig war insbesondere - insoweit war das erstinstanzliche Gericht in seinem Nichtabhilfebeschluss der Argumentation der Beschwerdegegnerin gefolgt -, ob bei fiktivem Prozesskostenhilfeanspruch (auch bei Auferlegung hoher Raten) des Prozesskostenvorschussverpflichteten das Primat des Einsatzes des Prozesskostenvorschusses zurücktritt und der um Prozesskostenhilfe Nachsuchende so zu behandeln ist, als ob ein Prozesskostenvorschuss gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten nicht bestehe.
Die Beschwerde der Staatskasse war insoweit erfolgreich, als der ursprünglich ohne Ratenzahlungsanordnung erlassene PKH-Beschluss abgeändert und der Antragstellerin eine Ratenzahlung von 175,00 EUR monatlich auferlegt wurde.
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Prozesskostenhilfe der Prozesskostenvorschuss Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 2 ZPO sei. Sofern der um Prozesskostenhilfe Nachsuchende einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss habe, komme die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.
Streitig sei allein, ob bei fiktivem Prozesskostenhilfeanspruch des Prozesskostenvorschussverpflichteten das Primat des Einsatzes des Prozesskostenvorschusses zurücktrete und der Prozesskostenhilfegesuchsteller so zu behandeln sei, als ob ein Prozesskostenvorschuss gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten nicht bestehe.
Diese Frage sei seit langem streitig. Teilweise werde die oben vertretene Auffassung verneint mit der Begründung, anderenfalls müsse der Vorschusspflichtige in höherem Maße für die Prozesskosten aufkommen als § 115 ZPO es vorsehe.
Das OLG führte hierzu aus, dies treffe nur dann zu, wenn der Vorschusspflichtige selbst Partei des Rechtsstreits sei, an welchem er sich prozesskostenmäßig über seine Vorschusspflicht gegenüber seiner Gegenpartei beteiligen solle.
Wenn wie im vorliegenden Fall der betreuende Vater der Antragstellerin nicht Partei des zu finanzierenden Prozesses sei, komme es zu einer Höherbelastung als § 115 ZPO vorsehe für den Vater nicht.
Teilweise werde die Auffassung vertreten (OLG Bamberg v. 8.3.2000 - 2 WF 22/00, OLGReport Bamberg 2000, 214 = FamRZ 2000, 1093 - 1094), der Prozesskostenvorschuss diene dazu, der berechtigten Partei Mittel an die Hand zu geben, damit sie den erforderlichen Gerichtskostenvorschuss und den einem Rechtsanwalt nach § 14 BRAGO zustehenden Honorarvorschuss begleichen könne. Dieser Zweck des Vorschusses werde aber dann nicht mehr erfüllt, wenn der Pflichtige Zahlungen nur in Raten erbringe.
Das OLG Stuttgart wandte hiergegen ein, dass die Raten, die dem Prozesskostenvorschussverpflichteten zuzumuten seien, auch dem Prozesskostenhilfenachsuchenden und Prozesskostenvorschussberechtigten bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auferlegt werden könnten. Die Alternative wäre ansonsten ein Alles oder Nichts-Prinzip, das im Zweifel zu Lasten der Staatskasse und damit der Gemeinschaft gehe. Mit der bewilligten Prozesskostenhilfe entfalle die Gerichtskostenvorschusspflicht, der Rechtsanwalt könne seinen Vorschussanspruch gegenüber der Staatskasse geltend machen.
Ausgehend von der Selbstauskunft des Vaters der Antragstellerin errechnete das OLG ein auf seiner Seite einzusetzendes Einkommen von 460,00 EUR und eine Monatsrate von 175,00 EUR. Raten in dieser Höhe seien der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde zugelassen.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2004, 18 UF 16/2004