Leitsatz (amtlich)

Richter- und Sachverständigenablehnungsverfahren verlieren in der Beschwerdeinstanz nicht ihren Charakter als Nebenverfahren. Bei einem erfolglosen Rechtsmittel ergeht eine Kostengrundentscheidung durch das Beschwerdegericht gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu Lasten des Rechtsmittelführers. Bei einer erfolgreichen Beschwerde sind die für das zweitinstanzliche Verfahren aufzuwendenden außergerichtlichen Kosten der Parteien Teil der Kosten des Hauptverfahrens und werden von der dort getroffenen Kostengrundentscheidung umfasst.

 

Normenkette

ZPO § 97 Abs. 1, § 103 Abs. 1, § 406

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 12.11.2008; Aktenzeichen 1 O 62/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Ravensburg vom 12.11.2008 - berichtigt durch Beschluss vom 11.12.2008 - 1 O 62/05, abgeändert:

Auf Grund des rechtswirksamen Beschluss-Vergleichs des LG Ravensburg vom 17.7.2008 sind von dem Kläger an die Beklagte zu erstatten:

weitere 226,86 EUR,

damit insgesamt 4.524,60 EUR

nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 24.9.2008.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 226,86 EUR.

 

Gründe

1. Im Hauptsacheverfahren beantragte der Kläger die Ablehnung des Sachverständigen ... wegen Besorgnis der Befangenheit. Sein Gesuch wurde durch das LG Ravensburg mit Beschluss vom 13.7.2006 zurückgewiesen. Hiergegen legte er sofortige Beschwerde ein, auf die durch den 7. Zivilsenat des OLG Stuttgart am 27.9.2006 - 7 W 52/06, unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt wurde. Eine Kostenentscheidung erging nicht. In den Gründen des Beschlusses führte der 7. Zivilsenat aus, dass eine solche nicht veranlasst sei. Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels fielen Gerichtsgebühren nicht an. Außergerichtliche Kosten würden nicht erstattet, da es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handle. Vielmehr seien die Kosten des Ablehnungsverfahrens - auch hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens - Kosten des Rechtsstreits, über die zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache zu befinden sei.

Der Rechtsstreit wurde beendet durch gerichtlichen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO, festgestellt durch Beschluss vom 17.7.2008, in dem die Parteien sich u.a. dahin einigten, dass von den Kosten des Rechtsstreits der Kläger 13/14 und die Beklagte 1/14 tragen.

In der Kostenfestsetzung wurden die von der Beklagten geltend gemachten Kosten des Beschwerdeverfahrens in dem Beschluss des Rechtspflegers vom 12.11.2008 - berichtigt am 11.12.2008 - nicht in Ansatz gebracht. Hierdurch ist die Beklagte im Kostenausgleich unter Berücksichtigung der vereinbarten Quote mit 226,86 EUR beschwert. Sie hat deshalb gegen die am 19.11.2008 zugestellte Entscheidung durch ihren Prozessbevollmächtigten am 26.11.2008 sofortige Beschwerde eingelegt, der der Rechtspfleger unter Hinweis auf eine fehlende Kostengrundentscheidung nicht abgeholfen hat.

Mit Vorlagebeschluss vom 15.1.2009 hat er die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Rechtspflegers ist die Kostenfestsetzung auch bezüglich des erfolgreichen Rechtsmittels des Klägers im Ablehnungsverfahren auf Grund der von den Parteien getroffenen Kostenregelung in dem Vergleich vom 17.7.2008 vorzunehmen, da diese die nach § 103 Abs. 1 ZPO erforderliche Kostengrundentscheidung darstellt.

Das Sachverständigenablehnungsverfahren (§ 406 ZPO) ist ebenso wie das Richterablehnungsverfahren (§§ 42 ff. ZPO) ein nicht kontradiktorisches Neben- bzw. Zwischenverfahren, an dem jedoch im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs der Gegner der ablehnenden Partei zu beteiligen ist (BGH NJW 2005, 2233).

Es entspricht einhelliger Ansicht, dass die Entscheidung in Nebenverfahren in der Ausgangsinstanz nicht mit einer Kostengrundentscheidung zu versehen ist. In Folge des fehlenden kontradiktorischen Charakters gibt es keinen Obsiegenden und Unterliegenden. Unterliegen kann eine Partei nur im Hauptverfahren, weswegen die Kosten des Nebenverfahrens zu denen des Hauptverfahrens gehören (Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 46 Rz. 4; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 46 Rz. 8; Heinrich in Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 46 Rz. 12; Gehrlein in MünchKomm/ZPO, Bd. 1, 3. Aufl. 2008, § 46 Rz. 1; Stollenwerk, NJW 2007, 3751 ff.; je m.w.N.).

In der Beschwerdeinstanz verliert das Ablehnungsverfahren nicht seinen Charakter als Nebenverfahren, auch wenn das Beschwerdeverfahren nicht zum Rechtszug gehört (Heinrich, a.a.O., § 46 Rz. 12 m.w.N.).

Soweit der BGH (NJW 2005, 2233) im Ablehnungsverfahren bei Zurückweisung der Beschwerde auf die in der Rechtsmittelinstanz getroffene Kostengrundentscheidung abstellt, beruht dies auf der in § 97 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Kostentrennung, während die Z...

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