Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsgedanke des § 96 ZPO gebietet, im Falle der Rücknahme von Klage und Widerklage die Beweisaufnahmekosten, die allein durch die zurückgenommene Klage entstanden sind, ausschließlich dem Kläger aufzuerlegen.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 03.03.2006; Aktenzeichen 20 O 515/2004) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird die Kostenentscheidung der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des LG Stuttgart gem. dem Beschluss vom 3.3.2006 - 20 O 515/04 - wie folgt abgeändert:
Die durch die Beweisaufnahme entstandenen Kosten trägt der Kläger, von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 84 % und die Beklagte 16 %.
2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert der Beschwerde: 1.524,37 EUR.
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich gegen einen auf der Grundlage von § 269 ZPO ergangenen Kostenbeschluss des LG.
Unter dem 16.10.2002 verpachtete die Beklagte das Hotel (Name) in ... (Ort) sowie 16 Parkplätze an den Kläger (Verträge s. Anlagen K 1 und 3, Bl. 14 ff. und 22 f. d.A.). Dabei vereinbarten die Parteien einen monatlichen Pachtzins i.H.v. 18.730 EUR zzgl. Mehrwertsteuer für das Hotel und i.H.v. 950 EUR zzgl. Mehrwertsteuer für die Parkplätze. Mit der am 19.10.2004 beim LG Stuttgart eingereichten Klage machte der Kläger Rückforderungsansprüche i.H.v. 21.972 EUR wegen überzahlten Pachtzinses geltend und stützte sich dabei auf diverse Mängel des Pachtobjekts, die ihn zur Minderung des Pachtzinses berechtigen würden. Die Beklagte trat der Klage entgegen und bestritt die behaupteten Mängel vollumfänglich. Mit Schriftsatz vom 11.1.2005 erhob sie Widerklage mit den Anträgen, den Kläger zu verurteilen, zum einen an der Rückwand des Hotels bestehende Bohrlöcher fachgerecht und farbgetreu zu verschließen und zum anderen den Nachweis über das Bestehen eines Wartungsvertrages hinsichtlich der Wasseraufbereitungsanlage des Hotels zu erbringen. Ferner nahm die Beklagte den Kläger in der Widerklage auf Zahlung eines Betrages von 4.221,90 EUR wegen Aufwendungen für die Beauftragung eines Brandschutzsachverständigen in Anspruch. Nach streitiger Verhandlung erging unter dem 16.2.2005 ein Beweisbeschluss durch die zuständige Einzelrichterin des LG Stuttgart (Bl. 143 ff. d.A.), in dem die Erhebung von Sachverständigenbeweis zu den vom Kläger behaupteten Mängeln des Pachtobjekts (Ziff. I 1-10 des Beweisbeschlusses) und zu dem von der Beklagten behaupteten nicht fachgerechten Verschluss von vier Bohrlöchern (Ziff. II des Beweisbeschlusses) angeordnet wurde. Zum Sachverständigen wurde Dipl.-Ing. (... = Name) ernannt. Auf Anforderung des LG (Ziff. III des Beweisbeschlusses) erbrachten die Parteien Auslagenvorschüsse, der Kläger i.H.v. 1.900 EUR und die Beklagte i.H.v. 100 EUR. Nach Durchführung des ersten Ortstermins erstellte der Sachverständige einen Zwischenbericht (Bl. 175 d.A.). Aus diesem geht u.a. hervor, dass Feststellungen zur streitigen Behauptung der Beklagten betreffend die Bohrlöcher noch nicht getroffen wurden (S. 32 des Zwischenberichts). Auf Anregung des Sachverständigen forderte das LG vom Kläger einen weiteren Auslagenvorschuss i.H.v. 6.000 EUR an, den dieser unter dem 21.6.2005 an die Landesoberkasse anwies (Bl. 178 d.A.). Nach Einreichung eines weiteren Zwischenberichts unter dem 29.11.2005 (Bl. 203 d.A.), in welchem weiterhin keine Feststellungen zur streitigen Behauptung der Beklagten dokumentiert sind (s. S. 58 des Zwischenberichts), teilte der Sachverständige mit, dass der bisher einbezahlte Vorschuss vollständig verbraucht sei. Der daraufhin vom LG angeforderte weitere Auslagenvorschuss i.H.v. 6.000 EUR wurde vom Kläger nicht mehr erbracht. Vielmehr nahm dieser mit Schriftsatz vom 4.1.2006 die Klage zurück (Bl. 218 d.A.). Die Beklagte stimmte der Klagrücknahme zu und nahm ihrerseits die Widerklage zurück (Bl. 228 d.A.). Das LG setzte daraufhin den Streitwert mit Beschluss vom 7.2.2006 auf 26.693,90 EUR fest (Bl. 234 d.A.). Unter dem gleichen Datum wurde an den Sachverständigen (... = Name) auf dessen Rechnung vom 31.1.2006 ein Betrag i.H.v. 9.527,31 EUR angewiesen (Bl. 235 d.A.).
Mit Beschluss vom 3.3.2006, berichtigt durch Beschluss vom 6.3.2006, wurden dem Kläger 84 % und der Beklagten 16 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt (Bl. 242, 245 d.A.). Über die Kosten der Beweisaufnahme erging kein gesonderter Kostenausspruch, so dass die Beklagte 16 % der durch die Beauftragung des Sachverständigen (... = Name) entstandenen Kosten, mithin einen Betrag von 1.524,37 EUR zu tragen hat.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 20.3.2006 (Bl. 251 ff. d.A.).
II.1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 20.3.2006, welcher das LG mit Vorlagebeschluss vom 3.4.2006 nicht abgeholfen hat, ist statthaft und zulässig (§§ 269 Abs. 5, 511 Abs. 2 Nr. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Insbesondere wurde die zweiwöchige Frist des § 569 Abs. 1 ZPO gewahrt, da die sofortige Beschwerde am 20.3.2006 beim LG Stuttgart einging, nachd...