Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann einer Partei, die ihren Wohnsitz nicht am Ort des Prozessgerichts hat, ein Rechtsanwalt nur dann mit der Beschränkung " zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" beigeordnet werden, wenn auch bei Beiordnung eines ortsansässigen Anwalts keine weiteren Kosten wegen Vorliegens besonderer Umstände i.S.d. § 121 Abs. 4 ZPO entstehen würden. Die uneingeschränkte Beiordnung beinhaltet jedoch keine Feststellung über die Erforderlichkeit von Reisekosten i.S.d. § 46 Abs. 2 RVG, da diese Feststellung nicht im Rahmen der Prozesskostenhilfe, sondern auf Antrag des beigeordneten Anwalts im Kostenfestsetzungsverfahren zu treffen ist.
Verfahrensgang
AG Esslingen (Beschluss vom 04.12.2004; Aktenzeichen 1 F 1368/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Esslingen vom 4.12.2004 (1 F 1368/04) abgeändert und Rechtsanwältin M. ohne einschränkende Bedingung beigeordnet.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist rechtzeitig eingelegt, nachdem der Schriftsatz vom 10.12.2004 als Rechtsmittel gegen die eingeschränkte Beiordnung zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts auszulegen ist.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Das FamG hat der Antragstellerin zu Recht eine Anwältin ihrer Wahl mit Kanzleisitz in G., somit außerhalb des Bezirks des AG Esslingen, beigeordnet, § 121 Abs. 1 ZPO. Abs. 3 dieser Vorschrift bestimmt jedoch, dass ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn hierdurch weitere Kosten nicht entstehen. Die Beiordnung eines sodann auswärtigen Rechtsanwalts kommt deshalb nur in Betracht, wenn dadurch keine Mehrkosten entstehen. Da die Antragstellerin dadurch aber die Möglichkeit verliert, neben einem ortsansässigen Rechtsanwalt einen weiteren Verkehrsanwalt nach § 121 Abs. 4 beigeordnet zu erhalten, kann der auswärtige Rechtsanwalt nur dann mit der Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet werden, wenn auch bei Beiordnung eines ortsansässigen Anwalts keine weiteren Kosten wegen Vorliegens besonderer Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO entstehen würden (BGH FamRZ 2004, 1362). Angesichts der geringen Entfernung zwischen dem Sitz des Gerichts und dem Sitz der beigeordneten Rechtsanwältin liegt die Annahme der Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO eher fern.
Gleichwohl bedarf es im Verfahren der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einer Einschränkung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts nicht, da bei Geltendmachung von Reisekosten und Abwesenheitsgeld durch die beigeordnete Rechtsanwältin der Kostenbeamte nach allgemeinen Vorschriften eine Vergleichsberechnung anzustellen hat und die verlangten Kosten mit denjenigen verglichen werden, die angefallen wären, wenn die Antragstellerin sich durch eine in Esslingen ansässige Rechtsanwältin hätte vertreten lassen und zumutbare Informationsreisen von H. nach Esslingen unternommen hätte. Erst nach dieser Vergleichsberechnung, die naturgemäß erst am Ende des Verfahrens gefertigt werden kann, wird sich feststellen lassen, in welchem Umfang notwendige und somit im Rahmen der Prozesskostenhilfe erstattungsfähige Kosten angefallen sind.
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die uneingeschränkte Beiordnung keine Feststellung der Erforderlichkeit von Reisekosten der beigeordneten Rechtsanwältin i.S.d. § 46 Abs. 2 RVG darstellt, da diese Feststellung nicht im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu treffen ist, sondern auf einen gesonderten Antrag hin, zu dessen Stellung auch nicht die Partei, sondern nur die beigeordnete Rechtsanwältin selbst antragsberechtigt ist (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 46 Rz. 32). Aus diesem Grund tritt auch keine Bindungswirkung für das spätere Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ein.
Gemäß § 127 Abs. 4 ZPO findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Fundstellen
FamRZ 2005, 2007 |
OLGR-Süd 2006, 412 |
www.judicialis.de 2005 |