Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abänderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei bei zögerlichem Betreiben des rechtzeitig eingeleiteten Abänderungsverfahrens auch durch das Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

Hat neben der Partei es das Gericht durch ein zögerliches Betreiben des rechtzeitig eingeleiteten Abänderungsverfahrens mit zu vertreten, dass eine Abänderungsentscheidung nicht vor Ablauf der Frist des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO ergeht, ist danach eine Abänderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei ausgeschlossen.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4 S. 3

 

Verfahrensgang

AG Heidenheim (Beschluss vom 12.08.2004; Aktenzeichen 1 F 578/2000)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Rechtspflegers des AG - FamG - Heidenheim vom 12.8.2004 aufgehoben.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des AG - FamG - Heidenheim vom 19.9.2000 war der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das vorliegende Verfahren ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt worden. Das Verfahren wurde mit Urteil des AG - FamG - Heidenheim vom 5.4.2001, rechtskräftig bezüglich des Scheidungsausspruchs seit 5.4.2001 und bezüglich des Versorgungsausgleichs seit 18.5.2001, abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 27.11.2003 bat das AG um die Angabe der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin, um ggf. die bewilligte Prozesskostenhilfe abzuändern. Nach einer Mahnung vom 29.12.2003 legte die Antragstellerin am 15.1.2004 eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vor. Mit Schreiben vom 26.5.2004 wurde sie vom AG um weitere Auskünfte und Belege gebeten. Diese wurden mit Schreiben vom 17.6.2004 und 8.7.2004 angemahnt. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, wurde mit Beschluss vom 12.8.2004 die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben. Am 6.9.2004 machte die Antragstellerin weitere Angaben und legte weitere Unterlagen vor.

Mit Schreiben vom 21.10.2004 verlangte das AG weitere Auskünfte und Belege, die am 9.5.2005 zur Erledigung angemahnt wurden. Auf eine weitere Mahnung vom 17.6.2005 legte die Antragstellerin weitere Unterlagen vor. Nachdem das AG mit Schreiben vom 21.11.2005 auf Lücken in den Angaben der Antragstellerin hingewiesen hatte und innerhalb der gesetzten Frist die Antragstellerin nicht weiter tätig wurde, wurden vom Rechtspfleger des AG - FamG - Heidenheim mit Schreiben vom 3.3.2006 die Akten dem OLG ohne Abhilfe zur Entscheidung vorgelegt.

Auf die Verfügung des Senats vom 10.3.2006 reichte die Antragstellerin zahlreiche Gehaltsabrechnungen betreffend Monate in den Jahren 2004 und 2005 ein. Zu dem von ihr angesprochenen Darlehen teilte sie mit, dass ihr Exmann statt Unterhalt an ihren Sohn für die Antragstellerin 103,39 EUR monatlich auf den Kredit zahle.

II. Das als sofortige Beschwerde auszulegende Schreiben der Antragstellerin vom 1.9.2004, bei Gericht eingegangen am 6.9.2004, ist als sofortige Beschwerde auszulegen, die hier zulässig und in der Sache begründet ist.

1. Gemäß § 124 Nr. 2 ZPO kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden, wenn eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht abgegeben wurde. Die vollständige Erklärung und die Vorlage von Belegen kann auch noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden. Hier hat nun die Antragstellerin die vom AG - FamG - Heidenheim zuletzt noch verlangten Angaben zur Höhe des gezahlten Unterhalts und der Ratenzahlungen für das Darlehen sowie Lohnbescheinigungen für verschiedene Monate vorgelegt. Die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO kann daher nach dem heutigen Sachstand keinen Bestand mehr haben.

2. Weil Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO ist, erübrigt sich eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren, ob die nunmehr gemachten Angaben der Antragstellerin eine Abänderung der bewilligten Prozesskostenhilfe gem. § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO rechtfertigen könnte.

Dennoch wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass nach § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO eine Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei ausgeschlossen ist, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind. Diese vier Jahre waren hier am 18.5.2005 verstrichen.

Eine Abänderungsentscheidung kommt jedoch auch noch nach Ablauf der Vierjahresfrist in Betracht, wenn das Änderungsverfahren rechtzeitig vor Fristablauf begonnen worden ist.

Zwar wurde hier das Abänderungsverfahren bereits im November 2003 vom AG in Gang gesetzt. Es ist auch nicht zu verkennen, dass die Verzögerungen, die das Abänderungsverfahren in die Länge gezogen haben, überwiegend von der Antragstellerin zu vertreten sind, weil diese nicht zeitnah auf die Aufforderungen des AG reagiert und die gewünschten Informationen und Belege erbracht hat.

Allerdings hat auch das AG das Verfahren mehrfach über eine un...

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