Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormundschaftsgerichtliche Bestimmung des Kindergeldberechtigten bei in der Ehewohnung getrennt lebenden Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung des Kindergeldberechtigten gem. § 64 EStG, solange getrenntlebende Ehegatten noch gemeinsam mit den Kindern in der Ehewohnung leben und der Ehegatte mit dem höheren Einkommen überwiegend für den Familienunterhalt aufkommt.
Normenkette
EStG § 64
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 02.06.2008; Aktenzeichen 19 T 435/07) |
Notariat Stuttgart (Beschluss vom 26.09.2007; Aktenzeichen 7 VG 95/2006) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 2.6.2008, 19 T 435/07, abgeändert:
Auf die Beschwerde des Beteiligen Ziff. 1 wird der Beschluss des Notariats - VormG - Stuttgart vom 26.9.2007, 7 VG 95/2006, abgeändert:
Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 2 gegen den Beschluss des Notariats - VormG - Stuttgart vom 13.8.2007 wird zurückgewiesen soweit sie sich dagegen richtet, dass der Beteiligte Ziff. 1 gem. § 64 Abs. 2 S. 3 EStG auch für die Kindergeldzahlungen von Juli 2006 bis einschließlich August 2007 zum Kindergeldberechtigten bestimmt worden ist.
Insoweit verbleibt es bei der in dem Beschluss vom 13.8.2007 gem. § 64 Abs. 1 EStG getroffenen Bestimmung des Beteiligten Ziff. 1 zum Kindergeldberechtigten.
Ab September 2007 ist die Beteiligte Ziff. 2 Kindergeldbezugsberechtigte.
II. Die Beteiligte Ziff. 2 hat die Gerichtskosten zu tragen, soweit ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 13.8.2007 zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert für die von der Beteiligten Ziff. 2 zu tragenden Gerichtskosten: 4312 EUR
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten besteht Uneinigkeit darüber, wer für die Zeit von Juli 2006 bis einschließlich August 2007 Kindergeldberechtigter gem. § 64 EStG ist. In dieser Zeit haben die Beteiligten noch gemeinsam mit den Kindern ... und ... in der Ehewohnung gelebt. Die Ehe wurde am 6.7.2007 rechtskräftig geschieden. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder wurde auf die Beteiligte Ziff. 2 übertragen. Ferner wurde dieser gemeinsam mit den Kindern die bisherige Ehewohnung zugewiesenen, die der Beteiligte Ziff. 1 im September 2007 verließ.
Durch Erklärung vom 7.7.2006 hatte die Beteiligte Ziff. 2 die Bestimmung des Beteiligten Ziff. 1 zum Bezugsberechtigten für das Kindergeld widerrufen. Da sich die Beteiligten über die Kindergeldbezugsberechtigung nicht einigen konnten, bestimmte das Notariat - Vormundschaftsgericht - mit Beschluss vom 13.8.2007 den antragstellenden Beteiligten Ziff. 1 zum Kindergeldberechtigten. Auf die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Beteiligten Ziff. 2 änderte das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 26.9.2007 den Beschluss vom 13.8.2007 dahingehend ab, dass zur Kindergeldberechtigten für die künftigen wie auch die rückständigen Kindergeldforderungen die Beteiligte Ziff. 2 bestimmt wurde.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde des Beteiligte Ziff. 1, mit der er beantragt hat, ihn zum Kindergeldberechtigten für die Kindergeldforderungen für Juli 2006 bis einschließlich August 2007 zu bestimmen, hat das LG mit Beschluss vom 2.6.2008 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1. Das Kindergeld sei nicht in erster Linie dazu bestimmt, dem Wohle des Kindes zu dienen. Ausgenommen hiervon sei nur die Situation, in welcher ohne Kindergeld nicht einmal das Existenzminimum eines Kindes gedeckt wäre. Dass dies der Fall gewesen sei, habe die Beschwerdegegnerin zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht. Auch im Instanzenzug sei dies zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Soweit aber die Sicherung des Existenzminimums nicht das Kindergeld erforderlich mache, sei es nichts anderes als eine vorgezogene Steuervergütung, welche der Förderung der Familie, insbesondere des Leistungsträgers, diene. Auch § 31 EStG weise daraufhin, dass, soweit Kindergeld nicht für das Existenzminimum erforderlich sei, es der Förderung der Familie diene.
Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit, insbesondere auch im streitigen Zeitraum, erhebliche Unterhalts - und Versorgungsbeiträge an die Kinder geleistet habe. Der Familienlastenausgleich über das Kindergeld habe daher auch für diesen Zeitraum in erster Linie ihm zur Verfügung zu stehen. Das LG verwische die Grenze zwischen Kindergeld für die Vergangenheit und Kindergeld für die Zukunft. Die Zweckbestimmung des Kindergelds als Entlastung des Unterhaltspflichtigen müsse dazu führen, dass für die Zeiten, in denen er unstreitig über das Existenzminimum hinausgehenden Unterhalt geleistet habe, ihm auch das Kindergeld zustehe. Selbst das Argument " Kindeswohl" würde in einem solchen Fall gerade nicht zum Ergebnis führen, dass dem Vater nachträglich das Kindergeld entzogen wird mit entsprechenden Ausgleichspflichten zugunste...