Leitsatz (amtlich)
1. Für die Kapitalisierung der sich aus einem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag ergebenden Ausgleichszahlungen zum Zwecke des Vergleichs mit dem im Ertragswertverfahren ermittelten Barwert der künftigen Erträge des Unternehmens ist der Nachsteuerwert dieser Ausgleichszahlungen maßgeblich, also der Wert der Ausgleichszahlungen nach Abzug der Körperschaftssteuerbelastung des Unternehmens und nach Abzug der typisierten Einkommensteuern der Anteilseigner.
2. Zur Möglichkeit, in Spruchverfahren dem Antragsgegner entstandene außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens den Antragstellern aufzuerlegen (Abgrenzung zu OLG München, Beschluss vom 13.12.2016 - 31 Wx 186/16).
Normenkette
AktG §§ 327a, 328-329; SpruchG § 15
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 10.02.2016; Aktenzeichen 31 O 50/12 KfH SpruchG) |
Tenor
1. Die Beschwerden der Antragsteller Ziff. 66 und 67 gegen den Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2016 - 31 O 50/12 KfH SpruchG - werden
zurückgewiesen.
2. Die Antragsteller Ziff. 66 und 67 tragen je zur Hälfte die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Gegenstand dieses Spruchverfahrens ist die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung wegen des Ausscheidens der Minderheitsaktionäre, u.a. der Antragsteller Ziff. 66 und 67 und Beschwerdeführer, aus der X .... AG, N. (im Folgenden: X AG) in Folge der Übertragung ihrer Aktien an die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin (sog. Squeeze-Out; § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG).
I. 1. Die Beschwerdeführer waren - wie die übrigen Antragsteller, die am Verfahren in erster Instanz beteiligt waren - Minderheitsaktionäre der X AG. Deren satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand war die Erbringung von Dienstleistungen und Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie und der Handel mit EDV-Produkten.
2. Am 11.01.2008 schloss die X AG als abhängige Gesellschaft mit der Antragsgegnerin als herrschendem Unternehmen mit Zustimmung der Hauptversammlung vom 29.02.2008 einen Beherrschungsvertrag. Nach § 3 dieses Beherrschungsvertrags garantierte die X AG den außenstehenden Aktionären einen Ausgleich von 0,30 EUR brutto je Stückaktie abzüglich eines Betrags für Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag nach dem jeweils für das betreffende Jahr geltenden Satz, wobei dieser Abzug nur auf den in dem Bruttobetrag enthaltenen anteiligen Ausgleich von 0,27 EUR je Aktie aus mit deutscher Körperschaftsteuer belasteten Gewinnen zu berechnen war. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses betrug der Ausgleich damit netto 0,26 EUR je Aktie. Dieser Betrag ist ausgehend von dem ermittelten Ertragswert der Gesellschaft unter Berücksichtigung des betriebsnotwendigen Vermögens berechnet worden. Diese Berechnung führte zu einem jährlichen Ausgleich von 0,19 EUR zuzüglich typisierter Einkommenssteuer (26,375 %), mithin zu einem jährlichen Nettoausgleich von 0,26 EUR. Daraus ist ein Bruttoausgleich von 0,30 EUR berechnet worden (vgl. Senat, Beschluss vom 05.06.2013 - 20 W 6/10 - juris Tz. 253 f.).
Das in Bezug auf diese Maßnahme durchgeführte Spruchverfahren führte weder zu der Festsetzung einer höheren Abfindung noch zu der Festsetzung eines höheren Ausgleichs (s. Senat, Beschluss vom 05.06.2013 - 20 W 6/10 - juris Tz. 128).
3. Durch Beschluss der Hauptversammlung der X AG vom 18.04.2012 wurden die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin, die Antragsgegnerin, übertragen gegen eine Abfindung in Höhe von 4,32 EUR je Aktie.
Grundlage dieser Barabfindung war eine von der xxx Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: Bewertungsgutachter) im Auftrag der Antragsgegnerin unter dem 05.03.2012 durchgeführte Unternehmensbewertung zum 18.04.2012 (Bl. 528 d. A.; im Folgenden: Bewertungsgutachten). Sie gelangte zu einem aus dem - unter Heranziehung der Verlautbarungen der von dem Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) aufgestellten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1) in der Fassung vom 02.04.2008 (IDW S 1 2008) bestimmten - Ertragswert zuzüglich des Sonderwerts aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen ermittelten Unternehmenswert der X AG zum Bewertungsstichtag in Höhe von 111.927.000,00 EUR, mithin von 3,82 EUR pro Aktie. Die Diskontierung der sich aus dem Beherrschungsvertrag vom 11.01.2008/29.02.2008 ergebenden jährlichen festen Ausgleichszahlung in Höhe von 0,26 EUR abzüglich typisierter Einkommenssteuer (26,375 %), also von 0,19 EUR, ergab bei Zugrundelegung eines Basiszinses von 2,50 % einen Wert je Aktie in Höhe von 4,32 EUR (S. 93 ff. des Bewertungsgutachtens).
Mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 18./24.01.2012 - 31 O 2/12 KfH AktG wurde die A. und B. AG zum sachverständigen Prüfer nach § 327c Abs. 2 AktG bestellt. Sie erstattete unter dem 06.03.2012 einen Bericht über die Prüfung d...