Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Auslieferung. Haftbedingungen Rumänien
Leitsatz (amtlich)
Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Rumänien zur dortigen Strafvollstreckung ist nicht zulässig, da (derzeit) nicht gewährleistet ist, dass der Verfolgte dort Haftbedingungen vorfindet, die den Vorgaben der Europäischen Konvention zum Schutz von Menschenrechten und Grundfreiheiten und den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen entsprechen. Die von den rumänischen Behörden in Aussicht gestellte Unterbringung in einer Haftzelle, die "2 qm oder 3 qm persönlichen Raum, einschließlich Bett und entsprechende Möbel" gewährleiste, genügt den entsprechenden Anforderungen nicht. Eine (weitergehende) individuelle Zusicherung besserer Haftbedingungen ist nicht zu erwarten, so dass es einer entsprechenden Fristsetzung an die rumänischen Behörden nicht bedarf.
Normenkette
IRG § 15 Abs. 2, §§ 29, 73; EUV Art. 6; EMRK Art. 3
Tenor
Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Rumänien zur dortigen Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil Nummer 333 (Aktenzeichen: 62011/3/2010) vom 11. April 2011 des Gerichtshofs Bukarest - II. Strafabteilung -, geändert durch den Strafbeschluss Nummer 347 des Berufungsgerichts Bukarest - I. Strafabteilung - vom 8. Dezember 2011, rechtskräftig mit Beschluss des Obersten Kassations- und Gerichtshofs - Strafabteilung - Nr. 1370 vom 30. April 2012 ist
nicht zulässig.
Der Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 29. Dezember 2015 wird
aufgehoben.
Gründe
I.
1. Durch Ausschreibung im Schengener Informationssystem und Übermittlung eines Europäischen Haftbefehls, ausgestellt von dem Gerichtshof Bukarest - I. Strafabteilung - am 29. Oktober 2015 (Aktenzeichen: 4627/3/2014), ersuchen die rumänischen Justizbehörden um Festnahme und Auslieferung des türkischen Staatsangehörigen C. zum Zwecke der Strafvollstreckung. Der Verfolgte wurde von dem Gerichtshof Bukarest - II. Strafabteilung - durch Strafurteil Nummer 333 (Aktenzeichen: 62011/3/2010) am 11. April 2011, geändert durch den Strafbeschluss Nummer 347 des Berufungsgerichts Bukarest - I. Strafabteilung - vom 8. Dezember 2011, rechtskräftig mit Beschluss des Obersten Kassations- und Gerichtshofs - Strafabteilung - Nr. 1370 vom 30. April 2012, zu der Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt, von der die Untersuchungshaft vom 14. August 2010 bis zum 30. April 2012 abgezogen wurde. Durch Strafurteil Nr. 783 des Gerichtshofs Bukarest - I. Strafabteilung - vom 18. März 2014 (Aktenzeichen 4627/3/2014), rechtskräftig durch den Strafbeschluss Nr. 225/C/LPF des Berufungsgerichts Bukarest - II. Strafabteilung - vom 7. Mai 2014, wurde die zuvor festgesetzte Sicherungsmaßregel der Ausweisung aufgehoben und der zuvor bestehende Haftbefehl ersetzt. Die Verurteilung erfolgte wegen "gewerbsmäßigen Handels mit illegalen Drogen, die ein hohes Risiko haben", gemäß Art. 2 Abs. 1 und 2 des Gesetzes Nr. 143/2000, unter Anwendung des Art. 41 Abs. 2 des rumänischen Strafgesetzbuchs. Der Verurteilung liegt der Vorwurf zugrunde, dass der Verfolgte in der Umgebung von B. zusammen mit I. am 6. August 2010 versucht habe, "3 Kilogramm Heroin von dem Angeklagten A. infolge des von diesem letzten von dem türkischen Staatsangehörigen O. empfangenen Befehls zu beschaffen, und am 13.08.2010 hat er mittels des Angeklagten I. die gleiche Quantität von 3 Kilogramm Heroin von dem Angeklagten A. immer infolge des von diesem Letzten von dem türkischen Staatsangehörigen O. empfangenen Befehls beschafft". Unklar bleibt - insoweit ist der Sachverhalt der Übersetzung des Tatvorwurfs nicht eindeutig -, ob der Versuch vom 13. August 2010 erfolgreich war (vgl. Bl. 32 d.A.).
2. Der Verfolgte wurde, nachdem der Senat zum Zweck seiner Ergreifung auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart die Überwachung der Telekommunikation des Verfolgten angeordnet hatte, am 16. Dezember 2015 von Beamten der Zielfahndung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg bei den Bushaltestellen am Hauptbahnhof K. beim Verlassen eines Busses festgenommen; er hatte 11.000 Euro in bar bei sich sowie Ausweispapiere, die auf den Namen G. lauteten und - bis auf die Mitgliedskarte eines Fitnessstudios, die sein Lichtbild trug, - das Bild einer Person tragen, die dem Verfolgten ähnlich sieht. Er wurde am 17. Dezember 2015 dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Karlsruhe vorgeführt, der eine Festhalteanordnung gemäß § 22 Absatz 3 Satz 2 IRG erließ. Bei seiner in Anwesenheit seines Beistands erfolgten richterlichen Anhörung machte er zum Tatvorwurf und zu seiner Verurteilung keine Angaben.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen in Deutschland erklärte er, dass er sich seit dem 20. Januar 2015 in L. zusammen mit seiner Frau aufhalte. Er habe zudem bei der Fa. D., einem Logistikunternehmen, einen "Job" als Fahrer. Mit einer vereinfachten Auslieferung erklärte er sich nicht einverstanden; auch verzichtete er nicht auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes.
Die Ermittlungen zu seinem Vorbringen ergaben, dass der Verfolgte...