Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 12.12.2019; Aktenzeichen 11 O 334/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 12.12.2019, Az. 11 O 334/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert auf 25.000 EUR festzusetzen.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen nach Erhalt dieses Beschlusses.
Gründe
I. 1. Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
Der Beklagte betreibt eine Kfz-Werkstatt, die auf die elektronische Nachrüstung von Fahrzeugen der Marke AB spezialisiert ist. Die von ihm angebotenen Leistungen bewirbt er auf seiner Homepage www.xy.de. Der Beklagte war und ist nicht mit dem Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk in der Handwerksrolle eingetragen.
Im Rahmen seines Internetauftritts warb der Beklagte am 18.02.2016 mit Nachrüstungen der elektronischen Ausrüstung von Freisprecheinrichtungen, Head-Up Displays und Rückfahrkameras sowie der Codierung von Steuergeräten und dem Auslesen von Fehlern in der Elektronik von Fahrzeugen der Marke AB (Screenshots, Anlage MB 1, Bl. 17).
Mit Schreiben vom 23.02.2016 mahnte der Kläger den Beklagten wegen des vorstehenden Sachverhalts ab (Anlage MB 4, Bl. 10). Der Beklagte wies die Abmahnung zurück (Anlage MB 5, Bl. 21). Weiterer Schriftverkehr zwischen den Parteien im Zeitraum vom 20.04.2016 bis 10.08.2016 führte zu keiner Einigung.
Das mit dem Antrag des Klägers vom 05.09.2016 (Anlage MB 10, Bl. 26) eingeleitete Einigungsverfahren bei der IHK Stuttgart führte zu keiner Einigung. Der Einigungsversuch wurde im Termin vom 03.04.2019 für gescheitert und das Verfahren für beendet erklärt (Anlage MB 19, Bl. 34).
Der Kläger behauptet:
Die streitgegenständliche Werbung des Beklagten sei unlauter, weil sie gegen die Marktverhaltensregelung des § 1 HandwO verstoße und darüber hinaus irreführend sei. Für die vom Beklagten angebotenen Tätigkeiten seien die Kenntnisse eines Kraftfahrzeugmechatronikers erforderlich. Ohne die entsprechenden Kenntnisse könnten die Tätigkeiten nicht einwandfrei und gefahrlos ausgeführt werden. Die Ausübung dieses Handwerks in einem selbständigen Betrieb setze daher die Meisterprüfung und die Eintragung in die Handwerksrolle im Gewerbe des Kraftfahrzeugtechnikers voraus.
Der Kläger beantragt:
1. Der Beklagte wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Rahmen des Internetauftritts unter der Domain www.xy.de, für die Ausführung wesentlicher Tätigkeiten des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks zu werben, ohne mit dem Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer eingetragen zu sein, wenn dies geschieht durch Hinweise auf die elektronische Nachrüstung von Fahrzeugen, wofür in den Bordcomputer der Fahrzeuge eingegriffen wird, und/oder mit Hinweisen auf die Codierung von Steuergeräten von Fahrzeugen und/oder durch das Auslesen von Fehlern in der Elektronik von Fahrzeugen, wenn dies geschieht, wie in dem Internetauftritt der Beklagten vom 18. Februar 2016 gemäß Anlage MB 1.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von EUR 246,10 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet:
Der Beklagte unterhalte keine Reparaturwerkstatt, so dass keinerlei typische Diagnose- oder Prüfungsarbeit zu erfolgen habe. Er nehme vielmehr Modifizierungen vor, ohne wesentliche Eingriffe in das Fahrzeug vorzunehmen. Die vom Beklagten angebotenen Tätigkeiten seien nur ein kleiner, unwesentlicher Ausschnitt des Handwerks des Kraftfahrzeugtechnikers und im Rahmen der sonstigen Tätigkeiten, die der Beklagte anbiete und die nicht dem genannten Handwerk zugeordnet werden könnten, nebensächlich i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 HandwO.
Die Tätigkeit des Beklagten sei auch nicht derart sicherheitsrelevant, dass die besondere Schulung zum Kraftfahrzeugtechniker erforderlich wäre. Zudem könne eine Tätigkeit auch dann, wenn sie kompliziert sei, nebensächlich i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HandwO sein.
Die Klage sei auch insoweit unbegründet, als sie nicht der Möglichkeit des Beklagten Rechnung trage, einen Betriebsleiter i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 HandwO zu beschäftigen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die Schriftsätze und auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und einen Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG i.V.m. § 1 HandwO bejaht.
a) Der Kläger sei als Verband gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.
b) Der Beklagte übe ein zulassungspflichtiges Handwerk aus, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, und verstoße damit gegen die Marktverhaltensregel des § 1 HandwO. Der Handwerksbetrieb des Beklagten sei zulassungs...