Verfahrensgang

LG Hechingen (Entscheidung vom 11.02.2014; Aktenzeichen 11 Ns 15 Js 375/13 Ak 131/13)

AG Sigmaringen (Aktenzeichen 3 Cs 15 Js 375/13)

 

Tenor

  1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 11. Februar 2014 mit den zugehörigen Feststellungen

    aufgehoben.

  2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hechingen

    zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

1. Das Amtsgericht Sigmaringen verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 22. Juli 2013 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,00 €. Als Nebenstrafe verhängte es ein dreimonatiges Fahrverbot.

2. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht Hechingen mit Urteil vom 11. Februar 2014. Zur Tat stellte es dabei im Wesentlichen Folgendes fest:

"Am 09.01.2013 gegen 18:50 Uhr fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw Hyundai, amtl. Kennzeichen ..., auf der ...straße in M. aus Richtung A. kommend. Während er sich dem dort befindlichen Fußgängerüberweg mit seinem Fahrzeug näherte, war der damals 79-jährige, dunkel gekleidete Fußgänger S. dabei, die Straße auf dem Überweg aus Sicht des Angeklagten von rechts nach links zu überqueren. Herr S. war vorher aus der K.-Straße gekommen und den Gehsteig benutzend nach links in die ...straße eingebogen. Dort weist der Gehsteig eine Breite von 1,5 m auf. Von dort aus betrat er den Fußgängerüberweg, um die ...straße mit normaler Gehgeschwindigkeit zu überqueren. Die Straße war trocken, es war bereits dunkel, die Straßenlaternen waren eingeschaltet. Entweder, weil der Angeklagte in Folge Unaufmerksamkeit den die Fahrbahn überquerenden Fußgänger zu spät bemerkte, oder, weil er sich dem Fußgängerüberweg mit einer höheren Geschwindigkeit als 40 km/h genähert hatte, vermochte er sein Fahrzeug trotz eingeleiteten Bremsvorgangs nicht mehr vor dem Überweg zum Stillstand zu bringen, weshalb sein Fahrzeug mit dem sich auf dem Fußgängerüberweg bereits in einem Abstand von 1,7 m zum rechten Fahrbahnrand befindlichen Fußgänger kollidierte. Herr S. wurde von dem Fahrzeug des Angeklagten mittig erfasst und zu Boden geschleudert. Dies hatte für den Angeklagten vorhersehbar und vermeidbar zur Folge, dass Herr S. schwerste Verletzungen insbesondere am Kopf und mehrere Frakturen (Beckenfraktur, ein Subduralhämatom mit Kalottenfraktur, eine BKW 12 - Vorderkantenfraktur, eine Quersatzfraktur LWK 1 - 5 rechts) und diverse Prellungen erlitt. Deswegen war er 3 1/2 Wochen lang in stationärer Behandlung, auch heute leidet er noch unter den Unfallfolgen, so sind seine Seh- und Hörfähigkeit beeinträchtigt. Seit dem Unfall benötigt er ein Hörgerät, auch ist sein Sehfeld auf einem Auge beeinträchtigt. Er muss auch heute noch regelmäßig physiotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen und ist wegen der erlittenen Verletzungen in ambulanter ärztlicher Behandlung.

Die allgemein geltende innerörtliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h war im Bereich der Unfallstelle nicht durch ein Verkehrszeichen herabgesetzt.

(...) Herr S. wies am Unfalltag um 19:40 Uhr einen mittleren Blutalkoholwert von 0,43 Promille auf, weil er vor dem Unfall in einem Gasthaus mit Bekannten Wein getrunken hatte. (...)"

Im Rahmen der Beweiswürdigung führt das Urteil des Landgerichts weiter aus, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des Angeklagten nicht festgestellt werden konnte, der Angeklagte bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h und höchstens mittlerer Gehgeschwindigkeit des Geschädigten aber auch dann noch rechtzeitig hätte anhalten können, wenn er erst dann auf den Geschädigten reagiert hätte, als dieser vom Fahrbahnrand aus die Fahrbahn betrat.

Das Landgericht ist insoweit folgender Ansicht:

"Der Fahrzeugverkehr darf sich einem Fußgängerüberweg nur mit einer so geringen Geschwindigkeit nähern, um auch einen kurz vor seiner Annäherung auftauchenden bevorrechtigten Fußgänger nicht zu behindern und nicht zu gefährden. Zwar muss ein Fahrzeugführer sich nicht stets, sondern nur dann mit mäßiger Geschwindigkeit nähern, wenn ein Fußgänger erkennbar den Übergang überschreiten will. Ist der Überblick mit den angrenzenden Gehwegzonen - wie im vorliegenden Fall aufgrund der Dunkelheit und der kurz hinter dem Überweg einmündenden Querstraße, aus welcher sich sozusagen verdeckt Fußgänger nähern konnten - nicht oder nur unvollständig zu übersehen, darf allerdings nur anhaltbereit an den Fußgängerüberweg herangefahren werden (§ 3 Abs. 1 StVO). Unter diesen Umständen musste der Angeklagte in besonderem Maße mit der Möglichkeit rechnen, dass überquerungswillige Fußgänger nicht ohne weiteres erkennbar waren, weshalb von vornherein ein Heranfahren an den Überweg mit mäßiger Geschwindigkeit geboten war, wobei eine Geschwindigkeit von 40 km/h oder mehr keinesfalls mehr mäßig war (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1974, 1003 ...)."

3. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt, mit...

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