Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 25.05.2021; Aktenzeichen 9 O 3/18) |
Tenor
1. Auf die Gegenvorstellung der Beklagten wird der Streitwert für das Berufungsverfahren wie folgt festgesetzt:
- bis 20.11.2020: 2.481,00 EUR
- ab 21.11.2020: bis 4.000,00 EUR
Gründe
1. Die gegen die Streitwertfestsetzung im Urteil des Senats vom 25.05.2021 gerichtete Gegenvorstellung ist zulässig, insbesondere innerhalb der analog geltenden sechsmonatigen Frist gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2014 - XI ZR 376/12, juris Rn. 2, vom 22. November 2016 - XI ZR 305/14, NJW 2017, 739 Rn. 1 und vom 24. Juli 2018 - XI ZR 740/17, juris Rn. 1) erhoben worden.
2. In der Sache hat die Gegenvorstellung teilweise Erfolg:
(a) Gesamtschuldnerische Haftung
Die Beklagte begehrte mit ihrer Berufung eine Verurteilung in Höhe des vom Landgericht ausgeurteilten Betrags mit der Maßgabe, dass sie in Höhe von 4.961,11 EUR nur gesamtschuldnerisch mit ihrem Ehemann hafte. Zwar bedeutet die gesamtschuldnerische Haftung nicht, dass der Gläubiger den (Gesamt-)Schuldner nur in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils der Schuld in Anspruch nehmen kann. Nach § 421 BGB ist es vielmehr so, dass der Gläubiger die Leistung von jedem Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern kann; bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet. Die Leistung als solche ist aber nur einmal zu bewirken. Hätte vorliegend der Kläger die Beklagte und ihren Ehemann als Gesamtschuldner verklagt, so beliefe sich der Streitwert insoweit maximal auf den (einfachen) Betrag der Verurteilung, da bei einem gegen Gesamtschuldner gerichteten Anspruch von wirtschaftlicher Identität auszugehen ist. Der Verurteilungsbetrag wäre nicht mit der Anzahl der verurteilten Beklagten zu vervielfältigen (BGH, Beschluss vom 25.11.2003, VI ZR 418/02, beck-online). Das gleiche muss auch dann gelten, wenn sich die Beklagte mit ihrer Berufung dagegen wendet, dass eine gesamtschuldnerische Verurteilung in Höhe eines Teilbetrages nicht erfolgt ist. Daher ist als Streitwert insoweit vorliegend nur die Hälfte des Betrages anzusetzen, dessen gesamtschuldnerische Verurteilung im Streit steht.
(b) Gestaffelte Streitwertfestsetzung
Der Beklagten ist darin recht zu geben, dass eine Streitwertfestsetzung nach Zeitabschnitten grundsätzlich unzulässig ist. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt sich der Streitwert in Rechtsmittelverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (BGH, NJW 2019, 2175 Rn. 3, beck-online). Maßgebend für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung.
Eine nachträgliche Änderung des hiernach maßgeblichen Wertes erfolgt aber (und auch nur) in Fällen der Klageerhöhung, der Widerklageerhebung oder in ähnlichen Fällen der Erweiterung des Streitgegenstands und gilt dann erst ab dem Zeitpunkt, in dem die Erweiterung des Streitgegenstands durch den Eingang eines entsprechenden bestimmenden Schriftsatzes anhängig gemacht worden ist (KG, Beschluss vom 02.03.2018, 26 W 62/17 = BeckRS 2018, 3426; BeckOK KostR/Schindler, 33. Ed. 1.4.2021, GKG § 40; BDZ/Dörndorfer, 5. Aufl. 2021, GKG § 40 Rn. 3).
Vorliegend hat der Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens Widerklage erhoben, vgl. Schriftsatz vom 20.11.2000 (Bl. 43 BA). Deren Wert ist dem ursprünglichen Streitwert hinzuzurechnen, woraus der gestaffelte Streitwert resultiert. Allerdings ermäßigt sich der Streitwert der Widerklage, der sich nach h.M. nach dem Kosteninteresse richtet, durch die Herabsetzung des Streitwerts für die Berufung nun auf 643,20 EUR (2 × 321,60 EUR).
Fundstellen
Haufe-Index 14706803 |
NJW-Spezial 2021, 477 |