Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 13.04.2007; Aktenzeichen 18 O 603/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters des LG Stuttgart vom 13.4.2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Streitwert des Beschwerdeverfahrens: bis 30.000 EUR.
Gründe
I. Die Kläger nehmen als Milch erzeugende Landwirte die in Baden-Württemberg für die Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen für Milch zuständige Beklagte auf Ausstellung von 60 Rechnungen für den Verkauf von Anlieferungs-Referenzmengen Milch in Anspruch. Sie vertreten die Ansicht, sie könnten nach § 14 UStG die Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer verlangen. Die bislang ohne gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer erstellten Rechnungen über den Übernahmebetrag seien unzureichend. Die Parteien vertreten insoweit gegensätzliche Standpunkte zur Frage, ob die von der Beklagten entfaltete Verkaufstätigkeit hoheitlich und der Verkaufsvorgaing deswegen nicht steuerbar sei und nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege.
Die Beklagte ist der Ansicht, der geltend gemachte Anspruch stelle keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit dar mit der Folge, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht gegeben sei. Die begehrte Korrektur der Rechnungserstellung mit Umsatzsteuerausweis betreffe die Übertragung von Milchreferenzmengen und somit eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Diese sei auf dem Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen.
Das LG hat nach mündlicher Verhandlung durch Beschl. v. 11.4.2007 (Bl. 52 d.A.) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach § 17a Abs. 3 GVG für zulässig erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgehoben, die Beklagte sei zwar als privatrechtlich organisierte GmbH eine Beliehene, die bei der Übertragung der Milchreferenzmengen hoheitlich tätig werde. Aus dem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Beschl. v. 13.7.2006 - V R 40/04, BFHE 213, 436) ergebe sich aber, dass die Beklagte als Verkaufsstelle ein privater Träger im Sinn von § 8 Abs. 2 Satz 3 Zusatzabgabenverordnung sei und trotz öffentlich-rechtlicher Beleihung ein steuerpflichtiger Unternehmer sein könne. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des BGH Klagen auf Ausstellung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer von den Zivilgerichten zu entscheiden.
Gegen den ihm am 20.4.2007 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 3.5.2007 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 62 d.A.) und mit näherer Begründung beantragt, den Beschluss aufzuheben, den Zivilrechtsweg für unzulässig zu erklären und den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für zulässig zu erklären.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, ihr bleibt aber in der Sache der Erfolg versagt. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gegeben.
1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 4.11.2003 - KZB 8/03, BGHReport 2004, 480) beantwortet sich die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, ohne eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmS-OGB BGHZ 97, 312, 313, 314 - Orthopädische Hilfsmittel; GmS-OGB BGHZ 102, 280, 283 - Rollstühle; GmS-OGD BGHZ 108, 284, 286, 287; BGH, Beschl. v. 31.10.2002 - III ZB 7/02, NVwZ 2003, 506, und Urt. v. 12.3.1991 - KZR 26/89, WuW/E 2707 - Einzelkostenerstattung). Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt. Schließen Privatrechtssubjekte einen Vertrag ab, kommt eine Zuordnung zum öffentlichen Recht nur dann in Betracht, wenn - wie hier - mindestens eine Vertragspartei mit öffentlichen Befugnissen beliehen ist. Ist dies nicht der Fall, kann das Vertragsverhältnis dem öffentlichen Recht nicht einmal dann zugeordnet werden, wenn das Handeln eines der Beteiligten der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient (BGH, Beschl. v. 31.10.2002 - III ZB 7/02, NVwZ 2003, 506). Abweichend hiervon ist in der Arbeitsgerichtsbarkeit anerkannt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten schon dann zu bejahen ist, wenn ein prozessualer Anspruch geltend gemacht wird, der ausschließlich auf eine arbeitsvertragliche Anspruchsgrundlage gestützt wird (sog. sic-non-Fall, BAGE 105, 1; BVerfG, Beschl. v. 31.8.1999 - 1 13v13 1389/97, AP Nr. 6 zu § 2 ArbGG 1979 = NZA 1999, 1234). In diesen Fällen steht und fällt die Begründetheit der Klage mit der Arbeitnehmereigenschaft, weil der Prüfungspunkt "Arbeitsverhältnis" Voraussetzung des geltend gemachten...