Leitsatz (amtlich)
Ein Miterbe ist auch dann berechtigt, die Grundbuchberichtigung zu beantragen, wenn das betreffende Grundstück der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterliegt.
Normenkette
GBO §§ 13, 22; BGB § 2211
Verfahrensgang
Notariat Ravensburg (Beschluss vom 20.04.2012; Aktenzeichen Referat IV GRG 164/2012 Eschach GB 2972) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 wird der Beschluss des Notariats Ravensburg - Grundbuchamt - vom 20.4.2012 - GRG IV Nr. 164/2012, aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, über den Eintragungsantrag vom 10.4.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
2. Die Kostenrechnung des Notariats Ravensburg - Grundbuchamt - vom 30.4.2012 (Kassenzeichen IV/8404) wird aufgehoben.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 50.000 festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten Ziff. 1 bis 5 sowie 7 bis 11 sind Abkömmlinge des am 10.11.2011 verstorbenen J. G. W.. Sie sind dessen Erben auf Grund gesetzlicher Erbfolge. J. G. W. und seine Lebensgefährtin, die Beteiligte Ziff. 6, sind mit einem Anteil von je ½ als Eigentümer des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes im Grundbuch von Eschach eingetragen. Durch einen Erbvertrag vom 14.3.1995 haben sich Herr J. G. W. und die Beteiligte Ziff. 6 jeweils als Erstversterbende im Wege eines Vermächtnisses den Nießbrauch an der Miteigentumshälfte des Erstversterbenden zugewandt. Zugleich wurde vom Erstversterbenden Testamentsvollstreckung wie folgt angeordnet (§ 5 des Erbvertrages vom 14.3.1995):
Der Erstversterbende von uns ordnet Testamentsvollstreckung an. Er ernennt den Überlebenden zu seinem Testamentsvollstrecker. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, das Vermächtnis zu erfüllen und den im Nachlass befindlichen Grundbesitz solange zu verwalten, wie die Auseinandersetzung des Nachlasses diesbezüglich ausgeschlossen ist (vergleiche § 6)...
Durch Schreiben vom 10.4.2012 hat sich der Beteiligte Ziff. 1 unter Bezugnahme auf die Nachlasssache J. G. W. wie folgt an das Notariat Ravensburg gewandt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich, J. W., den kostenlosen Grundbucheintrag auf dem Grundstück Flst. 1905,. straße 3: 399 m2, der Gemarkung Ravensburg-Eschach.
Durch Beschluss vom 20.4.2012 wies das Notariat Ravensburg - Grundbuchamt - den Eintragungsantrag zurück und führte zur Begründung aus:
Dem Vollzug des Antrages steht entgegen:
1. dem (Mit-)Erben steht bei angeordneter Testamentsvollstreckung kein eigenes Antragsrecht auf Grundbuchberichtigung zu, s. OLG München, JFG 20, 373.
2. dass kein Erbnachweis gem. § 35 GBO auf das Ableben von J. G. W. vorgelegt worden ist.
Das Notariat Ravensburg - Grundbuchamt - erteilte dem Beteiligten Ziff. 1 am 30.4.2012 eine Kostenrechnung über EUR 132,00.
Durch Schriftsatz an das OLG Stuttgart vom 27.4.2012 hat der Beteiligte Ziff. 1 Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss des Grundbuchamts vom 20.4.2012 sowie gegen die Kostenrechnung vom gleichen Tage eingelegt.
Mit Datum vom 30.4.2012 erteilte das Grundbuchamt dem Beteiligten Ziff. 1 eine korrigierte Kostenrechnung für die Antragszurückweisung über einen Betrag von EUR 66,00. Auch gegen diese Kostenrechnung hat der Beteiligte Ziff. 1 Beschwerde eingelegt.
Das Notariat Ravensburg - Grundbuchamt - hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
Den Beteiligten Ziff. 1 wurde am 24.7.2012 durch das Notariat IV Ravensburg - Nachlassgericht - ein Erbschein erteilt, wonach die Beteiligten Ziff. 1 bis 5 sowie 7 bis 11 jeweils mit einem Erbteil von 1/10 Erben des J. G. W. geworden sind und Testamentsvollstreckung zur Verwaltung des im Nachlass befindlichen Grundbesitzes angeordnet ist.
Mit der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss verfolgt der Beteiligte Ziff. 1 seinen Eintragungsantrag weiter und begehrt zum Einen die Eintragung der Beteiligten Ziff. 1 bis 5 sowie 7 bis 11 in Erbengemeinschaft als Eigentümer bezogen auf den hälftigen Hausanteil des Erblassers an dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz und des weiteren die Eintragung eines diesbezüglichen Testamentsvollstreckervermerks. Er vertritt die Auffassung, ihm stehe als Miterbe ungeachtet der Testamentsvollstreckung ein eigenes Antragsrecht zu. Es sei nicht richtig, dass allein der Testamentsvollstrecker antragsberechtigt sei.
II. Die gem. § 71 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 hat in der Sache Erfolg. Der angegriffene Zurückweisungsbeschluss kann keinen Bestand haben.
1. Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis eines fehlenden Nachweises der Erbfolge gem. § 35 GBO wurde zwischenzeitlich dadurch behoben, dass ein Erbschein des Notariats Ravensburg - Nachlassgericht - vom 24.7.2012 vorliegt, der die Beteiligten Ziff. 1 bis 5 und 7 bis 11 als Erben des J. G. W. ausweist.
2. Der Senat teilt nich...