Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob ein Vertrag zur privaten Pflegeversicherung (auch zusammen mit einem Vertrag zur privaten Krankenversicherung) wirksam gekündigt werden kann, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass hierbei privatrechtliche Normen (z.B. § 314 BGB) heranzuziehen sind.
Normenkette
GVG § 17a; SGG § 51; SGB XI § 110
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Beschluss vom 07.06.2016; Aktenzeichen 3 O 171/16) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Ellwangen (Jagst) vom 07.06.2016, Az. 3 O 171/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 300,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung des Fortbestands eines mit der Beklagten unter der Servicenummer geschlossenen Kranken- und Pflegeversicherungsvertrages mit Versicherungsbeginn zum 01.01.2007.
Mit Schreiben vom 15.06.2015 (Anl. K 2) hatte die Beklagte den bezeichneten Versicherungsvertrag aus wichtigem Grund wegen unerlaubter Handlung des Klägers gekündigt.
Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen die Wirksamkeit der erklärten Kündigung und beansprucht die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses, Erstattung von Behandlungsaufwendungen in Höhe von 225,00 EUR sowie die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Das LG hat nach Anhörung der Parteien das Verfahren, soweit es die Feststellung des Fortbestands des Versicherungsvertrages bezüglich der Pflegeversicherung (Tarif PVN) betrifft, mit Beschluss vom 31.05.2016 (Bl. 110/111) gemäß § 145 ZPO abgetrennt sowie mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.06.2016 (Bl. 112/113) insoweit den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht verwiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 23.06.2016 (Bl. 118 bis 121), mit der er geltend macht, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei zulässig. Ein Fall des § 51 Abs. 1 S. 2 SGG liege hier nicht vor, wie sich den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 07.12.2011 sowie der Entscheidung des OLG Koblenz vom 23.01.2009 entnehmen lasse.
Die Beklagte ist der sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.08.2016 (Bl. 130 bis 132) entgegengetreten und hat darauf abgehoben, dass eine Zuständigkeit der Sozialgerichte vorliegend bereits deshalb gegeben sei, weil sich die Frage, ob und inwieweit der Versicherungsvertrag bezüglich der Pflegeversicherung aus wichtigem Grund gekündigt werden könne, maßgeblich nach den sozialrechtlichen Bestimmungen der §§ 110 Abs. 4, 22, 23 SGB XI beurteile.
Ergänzend wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 04.08.2016 (Bl. 134 bis 136) nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß § 17a Abs. 4 S. 2 GVG i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Für die vom Kläger begehrte Feststellung des Fortbestands des Versicherungsvertrages bezüglich der Pflegeversicherung (Tarif PVN) sind gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2 SGG die Sozialgerichte zuständig.
1. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über Streitigkeiten, die in Angelegenheiten der sozialen und der privaten Pflegeversicherung nach dem SGB XI entstehen. Dies gilt ausdrücklich auch für privatrechtliche Streitigkeiten in diesen beiden Zweigen der Pflegeversicherung (§ 51 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 SGG). Um eine solche Streitigkeit handelt es sich vorliegend.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 09.02.2006 - B 3 SF 1/05 R -, NZS 2007, 34, Tz. 6 ff.) ist mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 51 SGG von einer von den Sozialgerichten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeit lediglich dann auszugehen, wenn es sich jeweils um Angelegenheiten nach dem SGB XI handelt, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfrage hinzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB XI geregelt sind. Dies kommt insbesondere auch darin zum Ausdruck, dass die Benennung der sozialen und privaten Pflegeversicherung sowohl in § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG als auch in Abs. 2 S. 2 dieser Vorschrift jeweils um den Klammerzusatz ("Elftes Buch Sozialgesetzbuch") ergänzt worden ist, um klarzustellen, in welchem Umfang die Sozialgerichte zur Entscheidung berufen sein sollen (BSG a.a.O.).
Angelegenheiten "nach dem SGB XI" sind danach sowohl Angelegenheiten der sozialen als auch der privaten Pflegeversicherung. Beide Zweige der Pflegeversicherung sind im SGB XI gesetzlich durch öffentlich-rechtliche Vorschriften des Sozialrechts geregelt. Zw...