Verfahrensgang

LG Heilbronn (Beschluss vom 18.04.2019; Aktenzeichen 23 O 1/17 KfH)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 18.04.2019, Az. 23 O 1/17 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Gegenstandswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 40.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. 1. Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem titulierten Anspruch auf Gewährung von Bucheinsicht im Rahmen einer Stufenklage mit dem Ziel der Zahlung von Handelsvertreterprovision. Die Gläubigerin und ihre Rechtsvorgänger sind seit 1961 als Handelsvertreter für Zulieferprodukte der zivilen Luftfahrtindustrie im Nahen und Mittleren Osten tätig. Die Schuldnerin ist ein Hersteller von Flugzeugpassagiersitzen. Die Parteien schlossen am 09.03.2004 einen Handelsvertretervertrag, welcher die Bestimmungen eines zuvor im Jahre 1995 geschlossenen Handelsvertretervertrags ablöste. Der Handelsvertretervertrag wurde von der Schuldnerin zum 30.11.2011 gekündigt.

2. Mit Teilurteil des Senats vom 12.10.2018 (5 U 178/17) wurde die Schuldnerin rechtskräftig zur Einsichtsgewährung in ihre Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen verurteilt (hinsichtlich der genauen Tenorierung wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen). Das Urteil betrifft das Jahr 2013. Für zusätzlich Zeiträume (bis November 2011, Dezember 2011, Jahr 2012, Jahr 2014) wurde die Schuldnerin ebenfalls rechtskräftig zur Bucheinsicht verurteilt. In Bezug auf diese Verurteilungen sind weitere Vollstreckungsverfahren anhängig (5 W 6/19, 5 W 7/19, 5 W 8/19, 5 W 24/19).

3. Der Tenor des zu vollstreckenden Urteils enthält die folgende Maßgaben für die Bucheinsicht: "Einsicht in ihre Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren bezüglich aller im Jahr 2013 ausgeführten - und wegen Zahlungseingangs des jeweiligen Kunden bei der Beklagten provisionspflichtig gewordenen - Verträge über den Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen und Ersatzteilen für solche Sitze mit Kunden mit Sitz in den Staaten ... sowie mit den Fluggesellschaften ... wobei die Einsicht für die einzelnen Verträge zu folgenden Angaben zu erfolgen hat:

i. Name des Kunden,

ii. Datum des Vertragsschlusses,

iii. Bezeichnung des Modells und des Layouts der verkauften Flugzeugpassagiersitze bzw. der hierfür verkauften Ersatzteile,

iv. Einzelpreis der verkauften Flugzeugpassagiersitze bzw. Ersatzteile,

v. vereinbarte Liefermenge,

vi. für die Lieferung vereinbarter Gesamtpreis,

vii. Rechnungsdatum, Rechnungsnummer(n) und Rechnungsbetrag,

viii. Datum der Ausführung des Geschäfts seitens der Beklagten,

ix. Datum der Ausführung des Geschäfts seitens des Vertragspartners der Beklagten,

x. Annullierung, Nichtauslieferung oder Stornierung nebst Angabe von Gründen,

xi. Retouren nebst Angabe von Gründen,

xii. beim Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen: Einzelheiten über etwaige Absprachen in Bezug auf anfängliche Ersatzteillieferungen,

xiii. etwaige Vereinbarungen über die spätere Aufrüstung der gelieferten Flugzeugpassagiersitze (Upgrades)."

4. Mit Vollstreckungsantrag vom 04.03.2019 beantragte die Gläubigerin gegen die Schuldnerin eine Zwangsgeldfestsetzung zur Erzwingung der Bucheinsicht, wobei die Verpflichtung zur Gewährung der Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen beinhalten sollte,

  • zum einen, dass die Schuldnerin der Gläubigerin sämtliche Verwahrungsorte unter Nennung der Anschrift, des Gebäudes, des Stockwerks und der genauen Räumlichkeiten (Zimmernummer) betreffend bestimmter Unterlagen über den Verkauf von Flugzeugsitzen und Ersatzteilen bezüglich aller im Jahr 2013 ausgeführten Verträge mitzuteilen habe (Antrag Ziff. 1);
  • zum anderen, dass die Schuldnerin dem Wirtschaftsprüfer der Gläubigerin uneingeschränkten und unmittelbaren Zugriff auf die EDV-Systeme zu gewähren habe, welche Daten zu den relevanten Verkäufen enthalten; insbesondere habe die Schuldnerin Zugriff auf sämtliche darauf elektronisch gespeicherten Informationen zu ermöglichen, etwaige erforderliche Passwörter zu nennen, einen Zugang mit Administrationsrechten zur Verfügung zu stellen, sämtliche Nutzerkennungen mitzuteilen und auch Zutritt zu den Räumlichkeiten zu gewähren, in denen sich diese Systeme befinden (Antrag Ziff. 2).

Hilfsweise zum Antrag Ziff. 2 (für den Fall von dessen Unzulässigkeit wegen Vertretbarkeit der Handlungen) beantragte die Gläubigerin im Wege der Ersatzvornahme (unter Androhung von Ordnungsmitteln und bei Vorschussleistung der Schuldnerin), dass die Gläubigerin zur Vornahme des uneingeschränkten Zugriffs auf die EDV-Systeme der Schuldnerin ermächtigt werde, wobei die Schuldnerin die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu dulden habe und die Herstellung des Zugriffs unterstützen müsse (Anträge Ziff. 2 bis Ziff. 6). Zur genauen Formulierung des Vollstreckungsantrags wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

5. Die Gläubigerin hielt den Vollstreckungsantrag für ge...

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