Verfahrensgang

LG Ravensburg (Entscheidung vom 01.08.2011; Aktenzeichen 6 O 171/11)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 01.08.2011 - 6 O 171/11 - wird

    z u r ü c k g e w i e s e n .

  • 2.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Für die Räumung und Herausgabe der privat genutzten Räumlichkeiten (4 Zimmer, Bad, Küche) im Erdgeschoss des Gebäudes in der Mxxx Straße xxx, 8xxx Bxxx sowie Kellerräume wird dem Beklagten eine Frist von 4 Monaten ab Rechtskraft des Urteils eingeräumt.

  • 5.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 8.400,00 EUR.

 

Gründe

I.

Die durch ihre Betreuerin vertretene Klägerin hat in I. Instanz von ihrem Sohn die Räumung und Herausgabe des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks Mxxx Straße xxx, Bxxx, insbesondere der vom Beklagten privat und gewerblich genutzten Räumlichkeiten verlangt, da sie das dem Beklagten bereits seit 30 Jahren unentgeltlich überlassene Grundstück zur Deckung der für die Unterbringung der Klägerin im Pflegeheim anfallenden Kosten verwerten wolle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 01.08.2011 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat dem gestellten Klageantrag entsprochen und den Beklagten wie folgt verurteilt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die privat genutzten Räumlichkeiten (4 Zimmer, Bad, Küche) im Erdgeschoss des Gebäudes in der Mxxx Straße xxx, 8xxx Bxxx sowie Kellerräume zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm gewerblich genutzten Räumlichkeiten im Halbparterre des Gebäudes in der Mxxx Straße xxx 8xxx Bxxx zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

3. Der Beklagte wird verurteilt, die Containeranlage im Garten in der Mxxx Straße xxx, 8xxx Bxxx zu entfernen.

Das dem Beklagten eingeräumte schuldrechtliche Wohnrecht sei nach den Vorschriften über den Leihvertrag zu beurteilen. Die Klägerin habe den Vertrag wegen Eigenbedarfs gemäß § 605 Nr. 1 BGB wirksam gekündigt. Die Klägerin sei pflegebedürftig und nicht in der Lage, die Heimkosten aus ihren Einkünften zu bestreiten. Außer dem Grundstück habe die Klägerin kein weiteres Vermögen. Der Beklagte habe hierzu keine anderen Anhaltspunkte vorgetragen. Die Klägerin habe einen Eigenbedarf aus wirtschaftlichen Gründen, da sie das Grundstück zur wirtschaftlichen Verwertung benötige. Der Eigenbedarf stehe in keinem Missverhältnis zu den schwerwiegenden Interessen des Beklagten. Zwar sei der Beklagte davon ausgegangen, während seiner Lebzeiten unentgeltlich auf dem Grundstück wohnen und sein Gewerbe betreiben zu können. Andererseits habe er das Grundstück etwa 30 Jahre unentgeltlich genutzt. Die Klägerin sei sich bewusst gewesen, dass es auch dingliche Wohnrechte gebe, nachdem sie ein solches einem behinderten Bruder des Beklagten eingeräumt habe. Mit dem Beklagten habe sie jedoch lediglich ein schuldrechtliches Wohnrecht vereinbart. Damit sei die Gefahr, dass sie zum Pflegefall werde und ihres Vermögens bedürfe, gerade nicht gebannt. Bei einer Abwägung der vorliegenden Umstände überwögen die Interessen des Beklagten nicht die der Klägerin.

Der Beklagte habe auch kein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf von ihm getätigte Investitionen, da er solche nicht substantiiert vorgetragen habe.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Die Berufungsbegründung ist darauf gestützt, dass das Landgericht bei der Abwägung der beiderseitigen Interesse maßgebliche Umstände nicht bzw. nicht hinreichend berücksichtigt habe. Der Beklagte habe aufgrund der getroffenen Abreden das Objekt seit fast 30 Jahren geschäftlich und privat genutzt. Im Vertrauen darauf, dass ihm eine Nutzung auf Lebenszeit eingeräumt worden sei, habe er erhebliche Investitionen im Umfang von 300.000,- EUR getätigt. Er habe alle Ein-, Um- und Ausbauten innen und außen sowie sämtliche Reparaturen, Instandhaltungen und -setzungen ausgeführt und dafür nicht nur beträchtliche Geldmittel, sondern auch unendlich viele Arbeitsstunden aufgewendet. Je mehr sich der Entleiher auf die Dauer der Leihe verlassen und entsprechende Investitionen getätigt habe, desto stärker müsse der Eigenbedarf des Verleihers sein. Obwohl die Klägerin den Umfang der Investitionen nicht bestritten habe, habe das Landgericht den Sachvortrag des Beklagten als nicht hinreichend substantiiert angesehen. Demgegenüber habe der Beklagte bestritten, dass seine Mutter über weiteres Vermögen nicht verfüge. Das Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen habe das Gericht hingegen als nicht ausreichend angesehen. Zudem sei eine Verwertung des Grundstücks auch ohne vorherige Kündigung des Beklagten möglich. Darüber hinaus sei die Klägerin darauf zu verweisen, ihre gesetzlichen Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten und ihre erwachsenen Kinder geltend zu machen.

Schließlich sei de...

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