Leitsatz (amtlich)
1. Der Assekuradeur kann Schadensersatzansprüche des Transportversicherers aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers geltend machen, ohne hierfür einer Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu bedürfen.
2. Der Luftfrachtspediteur, der in seinem Lager Packstücke für unterschiedliche Empfänger zusammenführt und mit Luftfrachtaufklebern versieht, hat durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass sich die Lagermitarbeiter bei der Etikettierung mit jedem Packstück einzeln befassen müssen.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen 40 O 53/16 KfH) |
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 30.11.2016 wird zurückgewiesen.
2.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das vorstehend bezeichnete Urteil des Landgerichts Stuttgart sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 30.208 EUR
Gründe
A. Die KXXX MXXX und AXXX GmbH (BXXX SXXX) verkaufte vier Oszillatoren zum Gesamtpreis von 28.320 EUR an die TXXX A.S (BXXX/AXXX) und beauftragte die Luftfrachtspediteurin IXXX AXXX LXXX GmbH (nachfolgend: Versicherungsnehmerin), die Sendung von BXXX SXXX zum Flughafen SXXX zu verbringen und von dort nach AXXX fliegen zu lassen. Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit dem Vorlauftransport von BXXX SXXX zum Flughafen SXXX. Die Beklagte holte die Sendung in BXXX SXXX ab und verbrachte diese zunächst zu ihrem Lager. Entsprechend einer zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten ständig praktizierten Übung, erhielt die Beklagte von der Versicherungsnehmerin die Luftfrachtdokumente sowie Luftfrachtaufkleber. Vereinbarungsgemäß sollte die Beklagte die Sendung sodann in ihrem Lager mit dem Luftfrachtaufkleber versehen und am Flughafen SXXX dem Luftfrachtführer aushändigen. Aufgrund eines Versehens der Mitarbeiter der Beklagten wurde die streitgegenständliche Sendung mit einem Luftfrachtaufkleber versehen, welcher eine Sendung nach AYYY betraf, während umgekehrt die für AYYY bestimmte Sendung den Luftfrachtaufkleber erhielt, welcher an der streitgegenständlichen Sendung hätte angebracht werden sollen. Die Beklagte lieferte die Sendungen entsprechend der Luftfrachtaufkleber an die Luftfrachtführer aus, welche diese entgegennahmen und die Lufttransporte ausführten. Daher wurde die streitgegenständliche Sendung mit BXXX AXXX nach AYYY transportiert, während die für AYYY vorgesehene Sendung durch TXXX AXXX nach AXXX geflogen wurde. Die streitgegenständliche Sendung wurde in AYYY wegen des Verdachts des Schmuggels vom Zoll beschlagnahmt und schließlich vernichtet.
Da im Verhältnis zwischen der KXXX MXXX- und AXXX GmbH und der Käuferin TXXX A.S. die Käuferin die Transportgefahr trug, bezahlte diese den Kaufpreis für die streitgegenständliche Sendung in Höhe von 28.320 EUR, worauf die Käuferin eine Steuer in Höhe von 1.888 EUR für den Kapitaltransfer ins Ausland entrichten musste. In Höhe ihres Gesamtaufwands von 30.208 EUR verlangte die TXXX A.S. hierfür von der Versicherungsnehmerin Ersatz (Anlage K 5). Die Klägerin regulierte für den Haftungsversicherer den Schaden gegenüber der Versicherungsnehmerin, welche ihrerseits die Forderung der TXXX A.S. ausglich. Nach dem in erster Instanz unbestrittenen Vorbringen der Klägerin wurde sie dabei als Assekuradeurin des Haftungsversicherers tätig. Die Versicherungsnehmerin trat alle ihr aus dem Schadensfall gegen Dritte zustehenden Ansprüche an die Klägerin ab (Anlage K 1).
Die Klägerin hat die Beklagte aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin - hilfsweise in gesetzlicher Prozessstandschaft der beteiligten Versicherer - in Regress genommen. Das Landgericht hat der auf Zahlung von 30.208 EUR nebst Zinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz sowie der Entscheidung des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Die Beklagte bringt im Berufungsverfahren im Wesentlichen vor,
der Klägerin ermangele bereits die Aktivlegitimation. Die Abtretungserklärung (Anlage K 1) bezeichne die abgetretenen Forderungen schon nicht hinlänglich bestimmt. Jedenfalls sei die Abtretung nach § 134 BGB unwirksam, weil die Tätigkeit der Klägerin eine unerlaubte Rechtsdienstleistung darstelle. Dass die Klägerin Assekuradeurin sei, werde bestritten.
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe auch in der Sache nicht. Es liege der typische Fall eines Augenblicksversagens der Mitarbeiter der Beklagten vor, weshalb ein der Höhe nach unbegrenzter Schade...